Trailer sind die kleine Form des Film, Mittel zur Verführung. Aber eben auch das effizienteste Werbemittel für einen Kinofilm und beliebter Content für alle Filmseiten und -Blogs. Doch wenn die gewünschte Werbung mit gezwungener zusätzlicher Werbung zugekleistert wird, verpappt der Inhalt. Das neu gestartete Portal Flimmer.de läutet nun den Paradigmenwechsel in der Filmvermarktung ein und bezahlt die User für das Ansehen von Trailern- Earn per View lautet das Motto. Ich habe mit dem Geschäftsführer Christopher Zwickler über die Earn per View- Idee, Online-Filmvermarktung und die Zukunft von Flimmer.de gesprochen.
Die Idee und die Macher
Zwei Dinge zur Vermarktung besitzt jeder Kino-Spielfilm: ein Filmplakat und einen Trailer. Oft gibt es sogar einen Teaser, einen Full-Trailer, Vignetten A bis E, TV-Spots und Anhängsel wie B-Roll, Interviewclips und Featurettes als Bewegtbild-Material. Doch mit dem Trailer gibt ein Film seine unverwechselbare Visitenkarte ab, präsentiert im ihm eigenen Look& Feel die Stars und die Story des Films, prahlt mit Augencandy-Effekten und verschleudert viel zu oft die besten Momente im Film. Auch wenn es Preise für sehr künstlerische Trailer gibt, bleibt es vor allem ein Werbemittel. Und bei zehn bis zwölf Film-Neustarts pro Woche werden zu oft nur diejenigen Filme wahrgenommen, die nicht nur auf der Werbetrommel rühren, sondern drauf trommeln. Jetzt bezahlen euch die Verleiher dafür, dass ihr euch die Trailer ihres aktuellen Programms aufmerksam anseht.
Die Regisseure Roland Emmerich (Anonymus, Independence Day, 2012) und Marco Kreuzpaintner (Sommersturm, Trade, Krabat), sowie Filmproduzent Christopher Zwickler (den meisten bekannt durch den Crowdfunding-PorNeo „Hotel Desire“) haben mit der Unterstützung des Businessangel Alexander Artopé (hat bereits die erfolgreiche Kreditplattseite „Smava“ realisiert) nun die Plattform gestartet, die das Trailerschauen verändern soll: Flimmer.de. Oft genug haben sich die Filmemacher über vorgeschaltete Werbung, die sogenannten Prerolls, im Netz geärgert. Werbung vor dem gewünschten Inhalt kann richtig nerven. Christopher Zwickler erklärt, wie die Idee enstanden ist:
„Bei uns schlagen zwei Herzen: zum einen User, zum anderen der Filmemacher. Sowohl bei Marco wie bei meinem Projekt Hotel Desire ging es um neue Online-Vermarktungsmöglichkeiten. Und ein Trailer ist die beste Möglichkeit einen Film zu bewerben. Die Emotionen des Films kommen hier bestens zur Geltung. Aber auf allen Plattformen werden in der Regel vor dem Trailer Werbe-Prerolls geschaltet. Doch die Akzeptanz dieser Werbung ist einfach nicht optimal, viele Nutzer klicken weg. Wir bieten mit Flimmer jetzt eine Plattform für ein spannendes Produkt, bei dem der Nutzer auch am Mediaetat des Verleihers partizipiert. Wobei für uns nicht nur die Businessidee zählt, sondern vor allem die Idee, die unter uns Filmemachern entstanden ist. Und wir freuen uns, dass wir dies nun realisieren konnten.“
Die Macher von Flimmer (v.l.n.r.): Alexander Artopé, Marco Kreuzpaintner, Christopher Zwickler
Die Verleiher verfolgen mit einem Trailer eine klare Werbebotschaft: guck meinen Film! Und nicht kauf dieses Deo oder fahre dieses Auto. Dabei ist Christopher Zwickler nicht grundsätzlich gegen Werbung:
„Die Seiten müssen die Möglichkeit haben Einnahmen zu generieren. Ebenso müssen Markenartikler die Chance haben sich davor zu setzen, Produkte zu verbinden. Aber es gibt Ausmaße, die eben stören. Es gab bei einem Filmportal zum Start eines Major-Films vor jedem Schnipsel ein Preroll, jedes mal wurde das gleiche Preroll gezeigt. Nach dem zehnten mal hat man eine extreme Anti-Haltung gegen das Produkt, und das nützt keinem. Ich denke nicht, dass man dies grundsätzlich als Werbeform ausschalten wird. Bei unserem Produkt machen wir den Verleihern klar, dass sie ihren intensiven Langtrailer von 2,5 Minuten bei uns auf der Startseite platzieren können, auf anderen Portalen gibt es maximal die Chance auf die 30-Sekunden-Trailer plus Werbung.“
Wie funktioniert Flimmer und was kann ich verdienen?
Mit Flimmer werden nun die Nutzer für das Ansehen eines Film-Trailers belohnt. Oder besser gesagt: wenn man die nachfolgend gestellte Frage korrekt beantworten kann.
Nach dem Ansehen eines Trailer wird in Form einer Multiple-Choice-Frage überprüft, ob man sich den Clip auch aufmerksam angesehen hat. Nur bei korrekter Antwort wird dem Nutzerkonto der Betrag gutgeschrieben. Eigentlich sind die Fragen nicht schwer. Zwickler definiert das Ziel:
„Eigentlich kann man die Frage nur beantworten, wenn man den Trailer auch wirklich gesehen hat.“
Ich habe im Selbstversuch getestet: kann man die Fragen auch ohne aufmerksames Schauen des Trailers beantworten? Klare Antwort: Jein. Bei drei potentiellen Antworten hat man immer eine 33%-Chance. Wer den Film bereits im Kino gesehen hat, erinnert sich vielleicht auch an das gefragte Detail, bei manchem hilft der gesunde Kinokenner-Verstand. Aber bei mir bisher unbekannten, da nicht beachteten Filmen, lag ich daneben. Also Schummeln hilft nicht. Und das ist auch nicht gewollt. Denn: reich wird man mit dem Stundenlohn nicht. Die Topfilme werden mit 10 Cent incentiviert, die weiteren Trailer des aktuellen Programms immerhin mit 5 Cent. Da die Trailer als Langfassung gezeigt werden, ist der Stundenlohn nicht lohnend. Es geht ja aber auch nicht um das „Abarbeiten“ der Trailer, sondern um eine Belohnung für die Werbepause. Es wurde auch von den Betreibern eine kleine Sperre eingebaut: „Nach zehn Trailern kann man zwar weitere Clips ansehen, aber man hat für den Tag genug geflimmert, die Fragen werden nicht angezeigt. Man braucht eine gewisse Zeit, um die Prämien zu erreichen, aber wir wollen keine Schnorrer bedienen. Sondern ein Portal bieten, das Spaß macht, guten Content bietet und die User belohnt.“
Zudem werden die erspielten Beträge nicht ausgezahlt, sondern können gegen filmische Prämien eingetauscht werden. Als großer Partner bietet CineStar Kinogutscheine für 2D und 3D-Vorstellungen an, zudem sind DVDs unterschiedlicher Topfilme zum regulären Kaufpreis erhältlich. Wer möchte, kann auch eine Spende an Ein Herz für Kinder oder die Deutsche Aidshilfe tätigen.
Und im Zeitalter von Social Media wird natürlich auch ein Mechanismus zur Weiterempfehlung der Inhalte geboten, mit dem sich Statuspunkte erarbeiten lassen. Für die Statusränge werden zusätzlich Verlosungen von Kinotickets und DVDs als Anreiz angeboten.
Welche Trailer werden auf Flimmer gezeigt?
Eigentlich lässt sich das ganze aktuelle Trailer-Programm auf Flimmer.de entdecken. Das sieht Zwickler auch als wichtig an, damit man die User nicht an eine anderer Film-Seite verliert:
„Auch für die Verleiher, mit denen wir zusammenarbeiten war es sehr wichtig, dass die Seite attraktiv und komplett ist, um dort ihre ihre Filme besonders zu bewerben. Wer mit uns zusammenarbeit, findet seine Trailer auch immer auf der Startseite hochwertig platziert. Dafür werden die Filme mit 10 Cent incentiviert, was relativ hoch ist. Wenn der Verleiher den Film nicht bucht, werden diese in der Unterkategorie präsentiert, dann gibt es dafür auch nur 5 Cent- man findet den Trailer aber.“
Für diese weiteren Trailer des aktuellen Programms hat Flimmer eine gute Lösung gefunden: ein Partner, aktuell zum Start ist das die Bestell-Plattform Lieferheld, zahlt hier die Flimmer-Incentives.
Es kann charmant sein, wenn man viele Trailer schauen möchte, möglicherweise auch ein bisschen anstrengend: die Trailer werden an- und abmoderiert. Man entledigt sich also nicht ganz der Preroll, allerdings geht es nicht um eine fremde Produktwerbung, sondern eine Einführung, die Macher nennen es liebevoll Flimmer-Roll. Die Stimme habt ihr bei Schauspielern wie James Franco, Zach Braff oder Ryan Phillippe schon mal gehört, dahinter steckt der Synchronsprecher Kim Hasper.
Auf Flimmer stehen Trailer in drei verschiedenen Kategorien zur Verfügung: Kino, DVD und Video on Demand. Die Unterscheidung von Kino und Heimkino ermöglicht eine zeitliche Sortierung, zudem lassen sich die neuesten Clips direkt aufrufen. Die Filme im Bereich Video on Demand erscheinen zwar zeitgleich zur DVD, hier zeigt sich aber eine zusätzliche Erlösform- die Filme sind zum Partner Videoload verlinkt, bei dem sich der Film dann auch gleich in voller Länge ansehen lässt. Eine Integration von DVD-Kauflinks fehlt bisher, auch ein Ticketkauf für einen aktuellen Kinofilm, aber mit dem bereits gewonnenen Partner Cinestar lässt die entsprechende Funktion sicher nicht lange auf sich warten.
Was ist die Revolution?
Trailer gibt es auch auf den offiziellen Film-Webseiten oder auf Youtube. Aber eben oftmals mit vorgeschalteter Produktwerbung. Wer einen Blog betreibt, kann sich hier und da ein paar Euro mit gebuchten Werbeschaltungen, mit Trailer-Adwords oder Sharing-Diensten wie ShareIfYouLike verdienen. Neu ist, dass nun nicht der Seitenbetreiber, sondern der Filmfan direkt dafür belohnt wird, dass er sich für 2 Minuten aufmerksam mit der Werbung für den Film beschäftigt. Ihr habt also was davon. Zum einen ein kleines Guthaben, zum anderen die Chance auf eine gewissenhafte Kaufentscheidung für eben diesen Film, jenseits des allgemeinen Rauschens.
Die wichtigste Neuerung, und das ist vielleicht die kleine Revolution, ist die Bereitschaft der Verleiher die Verbraucher direkt zu incentivieren. Mitunter trieb es ja merkwürdige Blüten, dass im offiziellen Youtube-Channel im Trailer Werbeeinblendungen enthalten waren. Amortisierung der Werbekosten? Aus Unwissenheit das falsche Häkchen gesetzt? Wenn ein Verleih eine Seite für die Verbreitung eines Trailer auf einer Filmseite bezahlte, würden die Betreiber auch auf eine Werbeschaltung verzichten, das ungeliebte Preroll fiele weg.
Also, worin liegt die Revolution? Stehen wir vor einem Paradigmenwechsel, in dem ich als Produzent oder Verleiher die Gunst des Zuschauers mit einer Leistung entlohne? Überspringe ich die Filmkritiker, die sich im Feuilleton feiern, die universalen Filme-Portale, die Empfehlung in den Fan-Blogs und lege Wert auf eine direkte Kommunikation mit den Nutzern? Die Bedeutung von Online wächst. Das verstehen zumindest auch die großen Verleiher, die kleinen werden folgen. Belohnung für Aufmerksamkeit ist eine faire Sache und im hart umkämpften Markt um die Aufmerksamkeit wird man neue Wege ausprobieren. Ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Wie geht es weiter mit Flimmer?
Flimmer verschließt sich nicht vor weiteren Produkten gleicher Form wie Konzert-Trailer oder Trailer für Games. Christopher Zwickler erläutert:
„Beim Kino schlägt unser Herz, das wird immer der große Aufhänger sein. Aber es ist auch gut für den User die Plattform zu öffnen, um ihn aus mehreren Inhalten auswählen zu lassen.“
Selbstverständlich setzt man bei Flimmer auf einen Ausbau und ein Wachstum. Weitere Verleiher sollen folgen, natürlich laufend neue Trailer zur Verfügung gestellt werden. Geplant sind weitere Kooperationen mit Partnern, zum Beispiel wird man bald sein Guthaben auch gegen Video-Streams eintauschen können. Es wird zeitliche Einordnungen geben, um Trailer zu finden, die direkt jetzt laufen. Mit CineStar als großem Partner wird zukünftig der direkte Ticketkauf zu den Filmen angeboten. Auch sind weitere News-Inhalte geplant.
Mit den Daten der gesehenen Filme ließe sich auch ein Besucher-Targeting aufbauen, um zielgruppengerecht Filme zu platzieren oder zu relevanten Aktionen einzuladen. Doch steht noch auf der Zukunfts-Roadmap.
Ich persönlich bin sehr gespannt, wie sich Flimmer entwickelt. Die Idee ist ebenso simpel wie clever und hat Potential. Ob sich die Verleiher langfristig für die Idee begeistern, hängt sicher von der Masse der erreichten User ab.
Was denkt ihr, wird die Idee von Flimmer zum Erfolg? Was müsste das Portal noch bieten, damit es die erste Anlaufstelle für euch zum Trailerschauen wird? Ich bin gespannt auf eure Kommentare.
Aber jetzt klickt euch aber rüber, schnell anmelden und schon könnt ihr Trailer flimmern. Fan von Flimmer könnt ihr natürlich auch auf Facebook werden.
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