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Die Saga geht weiter: STAR WARS: DIE LETZTEN JEDI (The Last Jedi) startet bundesweit in den Kinos. Da Sven Assmann ein noch größerer STAR WARS-Fan (und- Auskenner) als ich ist, hat er sich Episode VIII angesehen und liefert hier seine Filmkritik als Gastbeitrag:

Ja, wir  sind süchtig. Nach Chrystal Meth. Oder besser gesagt nach der Fernsehserie um den Drogenkoch Walter White in der U.S.-Fernsehserie Breaking Bad. Zum Serienfinale scheinen alle Hüllen zu fallen, da man auf den Stoff legal noch ein paar Tage warten müsste, besorgt sich der Abhängige ihn sich eben illegal. Ist ja so einfach an jeder Straßenecke zu haben. Neu ist in meiner Wahrnehmung allerdings die Offenheit, mit der man auch in Fachkreisen zu erkennen gibt, dass man seine Filme und Serien illegal konsumiert.

In der Nacht auf Montag lief in den USA die letzte Folge der finalen Staffel der zum Kult avancierten Serie Breaking Bad. Die mit dem Titel „Felina“ versehene Episode, die alles auflöst. Wie geht der krebskranke ehemalige Chemielehrer Walter White mit der Bedrohung seiner Familie durch das Gangstergeschmeiß um? Welchen Ausweg gibt es für ihn? Oder analytischer: wie werden alle noch losen Stränge der Erzählung in ein sinnvolles und würdiges Staffelende überführt?

Heute, am 1. Oktober 2013 läuft die finale Episode von Breaking Bad als Erstausstrahlung im deutschen Fernsehen auf dem Action & Entertainment Sender AXN um 21 Uhr im Programm, doch sind Internet und sogar Print bereits voll von Rezensionen der letzten Episode. Wer AXN nicht empfängt, kann alternativ auf Video on Demand bei  iTunes zurückgreifen, ab Mittwoch Abend auf Watchever, am Donnerstag auf Maxdome, die allesamt mit den aktuellen Folgen nachlegen.

Jesse Pinkman (Aaron Paul) und Walter White (Bryan Cranston)

So schauen Fans die Serie- Jesse Pinkman (Aaron Paul) und Walter White (Bryan Cranston)

Kavaliersdelikt Raubkopie?

Es erstaunt mich, wie unverhohlen man bereits am Montag auf deutschen Film- und Serienportalen, Blogs, Podcasts und Foren ausführliche Besprechungen abliefert. Aber auch große Tageszeitungen wie die Süddeutsche oder die FAZ veröffentlichen heute im Print ihre Besprechungen und Kritiken. Dabei verraten Süddeutsche und FAZ das Ende der Serie ganz direkt, die FAZ sogar mit einem eindeutigen Bildmotiv. Was bei den Fans natürlich grundsätzlich für Unmut sorgt. Dass große Portale wie SpiegelOnline in Filmkritiken wesentliche Punkte bereits vor Filmstart in der Filmkritik veröffentlichen – man erinnere sich an das Preisgeben der Identität von Khan als Bösewicht in Star Trek Into Darkness- scheint sich leider zu etablieren. Wer am schnellsten vögelt veröffentlicht, bekommt die Aufmerksamkeit- in dem Fall die begehrte Ware der Online-Klicks. ( Update: die Süddeutsche hat Online einen einführenden Spoiler-Hinweis zu ihrem Artikel ergänzt. )

Ich glaube ja gerne an das Gute: bei deutschen Filmen wie dem RTL-Desaster(-Film) „Helden“ und dem wöchentlichen Tatort ist es gang und gebe, dass man den Redaktionen vorab mit einem Screener beliefert, damit Kritiken im Vorfeld veröffentlicht werden können. Meines Wissens war dies bei Breaking Bad nicht der Fall, eine Antwort auf eine entsprechende Anfrage steht noch aus. Jetzt ließe sich argumentieren, dass sich alle berichtenden Redakteure in den USA befinden und von dort ihre Artikel verfasst und gesendet hätten.

Die Süddeutsche ist an dieser Stelle zumindest argumentativ raus aus der illegalen Debatte, da sich nach eigenen Angaben der freie Korrespondent Jürgen Schmieder in Los Angeles befindet. Auch Nina Rehfeld, die für die FAZ veröffentlichte, ist nach eigenen Angaben auf ihrer (nicht aktualisierten) Webseite in den USA ansässig. Alles andere hätte auch ein gewisses Geschmäckle ergeben- immerhin agierte die FAZ zusammen mit der Axel Springer AG als Vorreiterin des umstrittenen Leistungsschutzrechtes. Jetzt ist der Vergleich von Textanrissen mit illegalen Downloads oder Streams schwierig, doch hinterlässt beides Flecken auf der Weißen Weste.

Doch ist die U.S.-Ortansässigkeit sicher nicht in allen Fällen die sinnhafteste Erklärung, wie man an den heißen Stoff kommt. Und der Stoff ist heiß: Heise Online schrieb heute über die Rekordzahlen der finalen Breaking Bad-Folge, sowohl im US-Fernsehen wie als illegale Raubkopie, die nach Angaben von Torrentfreak bei mehr als 500.000 Nutzern in den ersten 12 Stunden lagen, die sich „Felina“ per Bittorrent heruntergeladen haben. Wie die Berichterstattung zeigt, scheinen sich auch etablierte deutsche Medienjournalisten wenig um die Diskussion um illegale Raubkopien zu scheren, wenn man doch damit einen hervorragenden Quotenbringer erzielen kann.

Auch Walter White (Bryan Cranston) wollte mit der Kriminalität lediglich seine Familie versorgen

Kennzeichen Schwarzer Bollmann 1940er Pork Pie Hat- auch Heisenberg aka Walter White (Bryan Cranston) wollte mit der Kriminalität lediglich seine Familie versorgen

Filmkritiker im Dark Net

Ein Einzelfall im Breaking Bad-Rausch? Vielleicht. Wie steht es sonst mit illegalen Downloads oder Streams im deutschen Filmjournalismus? Das weiter vorherrschende System Onlinemedien erst zur letzten Sichtung kurz vor Filmstart und eben in ausgewählten Städten einzuladen, scheint manchen Publikationen keine andere Wahl  zu lassen. Wer am PV-Termin verhindert ist, kann nicht drüber berichten. Wer in einer Stadt ohne Pressevorführungstermine lebt, muss Zeit und Kosten für eine Anreise selbst schultern. Man geht zwar mit der Zeit auch mit der Technik und bietet Online-Screener an, doch dies zum einen beschränkt, zum anderen begegnen Verleiher Onlinemedien hier mit einer gewissen Skepsis (zum anderen geschieht die Rezeption natürlich nicht in einer Kino-Qualität in Auflösung und angemessener Kinoatmosphäre). Noch schwieriger wird es bei den Festivals: Kann es sich ein Redakteur die Reise zum Festival leisten, und doch leben gerade die Independent-Filme von der Berichterstattung durch die Filmnerds und mitunter Nischenpublikationen. Natürlich bieten auch Festivals mittlerweile offizielle Screening-Zugänge an. Es soll aber auch eine dunkle Seite geben, ein Dark Net für Filme. Damit sind nicht die üblichen Tauschbörsen-Netzwerke und lästigen illegalen Streamingseiten wie Kinox gemeint, immer mal wieder rumort es in der Gerüchteküche, dass es ein besonderes Film-Netzwerk für Journalisten und Kritiker geben soll. Einen Einlass in das Dark Net erhält man nur auf Anfrage, und eben mit Bezug zu einem bereits etablierten Mitglied. Bei diesem Film- Dark Net geht es wohl weniger um den Ausstoß der Hollywood-Majors, sondern um die Bereiche Independent und Festivals. Angeblich werden dort Screener zugänglich gemacht, mitunter sollen sogar Regisseure und Produzenten dort ihre Filme selbst einspeisen, damit sie besprochen werden.

Heiligt hier der Zweck die Mittel? Würden kleine Independent-Filme im Rauschen der laufenden Filmveröffentlichungen untergehen, zumal die Großen einfach deutlich lauter auf der Werbetrommel rühren? Nicht das hier ein falsches Bild entsteht: ich spreche mich klar gegen Raubkopien aus. Filme werden fürs Kino gemacht, von mir aus die Serien fürs heimische Wohnzimmer. Doch wer konsumiert, sollte dafür auch seinen Beitrag zahlen.

Ich frage die Kollegen ganz offen: seht ihr euch durch den entstandenen Online-Druck im Nachteil in der Veröffentlichung? Ist die Beschaffung des Ausgangsmaterials für eine journalistische Berichterstattung zu billigen? Wie steht es bei wissenschaftlichen Arbeiten an den Unis, mit den schlecht ausgestatteten Mediatheken der meisten Uni-Bibliotheken wären filmanalytische Arbeiten oft nur erschwert durchzuführen? Wie könnte eine solche Praxis in eine Rechtssicherheit überführt werden? Oder empfindet ihr ein bisschen BAD sein als gar nicht der Rede wert und beinahe gesellschaftsfähig?

Wie gesagt, die finale Breaking Bad-Episode FELINA läuft heute am 1.10.2013 um 21 Uhr via Kabel, Satellit und IPTV auf AXN und ist ab morgen auf unterschiedlichen Video on Demand-Portalen legal verfügbar. Und ich bin noch richtig gespannt, wie es ausgeht. Yo, bitch!

Bilder © AXN/ 2011 Sony Pictures Television Inc.  · Alle Rechte vorbehalten.

… lässt sich im Grabenkampf zwischen E- Und U-Kultur regelmäßig vortrefflich streiten. Wer besitzt die Deutungshoheit eines filmischen Werkes? Gibt es, wie vom Verband der Filmkritiker ergänzend eingefordert, ein Anrecht auf allgemein zugängliche Pressevorführungen, großzügig verteilt in den zehn größten deutschen Städten und bei ausländischer Wäre in der Originalfassung? Wie stark darf man der Befeuerung durch PR Raum gewähren? Muss Til Schweiger seine mit deutschen Fördergeldern (co-)finanzierten Filme vorab den Kritikern zeigen? Und besitzt die Filmkritik überhaupt noch die Kraft, in der Vielzahl der Starts die Perlen hervorzuheben und – vor allem – eine nennenswerte Anzahl an Publikum ins Lichtspielhaus zu transportieren?

Diese und andere Themen kochen immer mal wieder in mehr oder minder hitzigen Debatten hoch. Jetzt bin ich gerade in der Berliner Zeitung auf eine neue Qualität der Filmkritik gestoßen: Constanze Knoche, die Regisseurin des Films „Die Besucher„, schreibt die Kritik zum Film eben selbst. Und belegt der Leserschaft die Qualität ihres Werkes mit Powersätzen wie diesem:

Mit einer kontrastreichen Charakterprofilierung, einer exzellenten Ensembleleistung und einer komplexen Verknüpfung von Ökonomie und Familie ist „Die Besucher“ ein strenger, außergewöhnlicher Film geworden.

Ob das zutrifft, vermag ich nicht zu beurteilen, ich habe den Film schließlich nicht gesehen (und auch keine Einladung zur Pressevorführung erhalten). Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, auf den eigenen Film aufmerksam zu machen.

Aber, liebe Berliner Zeitung, trotz knapper Ressourcen hat der Beitrag dann in der Rubrik Filmkritik sicher nichts zu suchen. Vielleicht sollte man eine neue Rubrik Film-PR einführen?

[UPDATE: Nach schriftlicher Anfrage hat der Online-Redakteur der Berliner Zeitung den Autoren des Artikels auf Jan Bachmann korrigiert.]

In dieser Franchise ist noch Saft! Männer in schwarzen Anzügen und einstelligen Namenskürzeln, unter uns lebende Aliens und jede Menge Spaß beim Blitzdingsen- die SciFi-Komödien Men in Black und Men in Black 2 waren mit 7,3 und 5,1 Millionen deutschen Besuchern echte Blockbuster. Zehn Jahre nach der letzten Rettung der Erde stehen im dritten Teil Ks Leben und das Schicksal des ganzen Planeten auf dem Spiel- und bewegen Agent J zu einer – jetzt kommt der erzählerische Kniff- abenteuerlichen Zeitreise in das Jahr 1969. Diesmal dürfen wir mit Regisseur Barry Sonnenfeld der emotionalen Grundlage des ungleichen Agenten-Duos J und K auf den Grund gehen. Als zusätzlichen Schauwert ist die 215 Mio. US-Dollar teure Produktion in stereoskopischem 3D in den Kinos zu sehen.

Kurzinhalt: In MEN IN BLACK™ 3 kehren die Agenten J (WILL SMITH) und K (TOMMY LEE JONES) zurück… und zwar gerade noch rechtzeitig. Denn in den 15 Jahren, die J bereits bei den Men in Black war, hat er zwar schon so einige unerklärliche Dinge gesehen, aber nichts, nicht einmal die Aliens, macht ihn regelmäßig so perplex wie sein ironischer und wortkarger Partner. Doch als Ks Leben und das Schicksal des ganzen Planeten auf dem Spiel stehen, muss Agent J eine Zeitreise in die Vergangenheit unternehmen, um alles wieder einzurenken. Dabei findet J heraus, dass es im Universum Geheimnisse gibt, in die K ihn nie eingeweiht hat – Geheimnisse, die sich ihm offenbaren, als er sich mit jungen Agenten K (JOSH BROLIN) zusammentut, um das Leben seines Partners, die Agentur und die Zukunft der ganzen Menschheit zu retten.

Nach einer Leinwand-Abwesenheit von drei Jahren ist Spaßvogel Will Smith erstmals wieder auf der Leinwand zu sehen. Und seine Rolle ist reifer geworden, vorbei die Zeiten des aufbrausenden Hitzkopfs, nun ist man Senior Agent. Doch sieht man Will Smith den Spaß an der Rolle des Agent J absolut an, die ist ungebrochen. Einen ebensolchen Standard setzt auch Partner Tommy Lee Jones mit seiner pointiert emotionsarmen Performance. Eigentlich eine etwas wilde Idee Josh Brolin den jungen Agent K spielen zu lassen, der ja gerade 21 Jahre jünger als Tommy Lee Jones ist. Im Film funktionierte das für mich so mittelprächtig, ich musste doch immer an beide Darsteller denken. Wobei Brolin sein Vorbild Jones nicht nur genau studiert hat, sondern Gestik, Mimik und Duktus auch genau zu imitieren weiß. Da stimmte wohl etwas mit meinem Suspension of Disbelief nicht.

Der junge Agent K (Josh Brolin) und Agent J (Will Smith) bei der Waffenausgabe

Gänzlich unerwartet trifft einen die sentimentale Komponente des Films, eine Wendung, welche die Beziehung zwischen Agent K und Agent J in ein gänzliche neues Licht rückt. Und eigentlich auch die Tür für weitere Sequels zwischen 1969 und dem ursprünglichen 1997 aufmacht. Nur bräuchte man neben Josh Brolin einen jüngeren Agent J, Zugpferd Will Smith würde damit ersetzt. Klingt nicht sehr wahrscheinlich, oder? Aber die Zeitreise optioniert vielfältige Möglichkeiten sowohl in Vergangenheit wie Zukunft, wie nicht nur BACK TO THE FUTURE belegte.
Boris the Animal- nur BORIS! – ist definitiv ein fieser Bösewicht. Mit etwas zu viel Zahnperformance spielt Komiker Jemaine Clement den Schurken überzeugend und bedrohlich in einzigartigem MakeUp. Doch bleibt mir die Motivation und damit der Charakter relativ fern. Klar, er will sich für Gefängnis und fehlende Körperteile an K rächen und den Bogloditen ermöglichen, die Erde zu erobern. Aber wollen Aliens das nicht immer? Mich hätten ein wenig Vorgeschichte und Hintergrundwissen über das an den ALIEN-Xenomorphen erinnernde Insektenviech in seiner Hand interessiert. Nicole Scherzinger hat ja einen kleinen Auftritt in der Eröffnungssequenz als ludriges Fangirl von Boris. Ich habe allerdings noch nie jemanden so offensichtlich einen Kuchen wackeln gesehen.

Liebchen Lilly überreicht Boris the Animal eine ganz besondere Geburtstagsüberraschung im lunaren Gefängnis

Im Vergleich zu seinen Vorgängern wirkte der dritte Teil auf mich zu ernst. Natürlich gibt es schnippige Onliner von Will Smith und jede Menge Augenzwinkern, doch schien mir die Leichtigkeit zu fehlen. Und gerade der erste Teil faszinierte durch seinen überdrehten Spaß. Hier versucht man nach klarem Muster alle wichtigen Elemente behutsam unterzubringen, wenn mitunter auch nur als Randnotiz wie ein Wandbild von Frank the Pug. Oder es ist ein Selbstzitat, wenn der Alien-Beobachtungsschirm nicht mehr Michael Jackson, sondern nun Lady Gaga anzeigt. Manchmal leider auch nur ein Show-Off wie bei der Verfolgung mit dem Monowheel, das zwar für einen visuellen Reiz sorgt, aber absolut austauschbar ist. Dieser wunderbare Aha-Effekt, mit dem man mit kindlicher Freude eine neue Sichtweise auf die bereits erfolgte Invasion von Alien-Flüchtlingen gewann, stellt sich im dritten Teil für mich nicht ein.

wenn es der Dienstwagen nicht mehr tut, geht es auf den Monowheels auf Verbrecherjagd

Die Stars des Films sind neben dem großartigen Bo Welchs kongenialem Productiondesign natürlich erneut die fantasievollen Außerirdischen, die mehr oder weniger erfolgreich als Menschen getarnt auf der Erde ihr (Un-) Wesen treiben. Auch im dritten Teil ist Rick Baker dafür verantwortlich, der über 100 verschiedene Aliens für den Film schuf. Mal sind es CGI-Kreaturen, mal mechanische Animatronics-Puppen, mal Schauspieler in aufwändiger Maske und Kostüm. Dabei machen nicht nur die Hauptfiguren Spaß, gerade in der MIB-Verwaltungsbehörde gibt es viele Aliens zu sehen, die durch Aktionen im Hintergrund das Drumherum erst lebendig und glaubwürdig werden lassen. Da hätte man oft gerne mehr Zeit sich umzusehen, gerade in 3D. Die Prämisse bleibt die Grenzen der Realität zu verschieben, aber stets so, dass das Gezeigte immer noch im Rahmen des Wahrscheinlichen bleibt. Auch nach dem Zeitsprung wird MIB 3 keine Retro-Orgie, die Akzente im New York des Jahres 1969 in Maske, Kostüm und Set sind detailliert und voller Einfälle. Und auch Andy Warhol mit seiner Factory ist ein Teil der gestrigen Alien-Welt, glücklicherweise eine Spur gewitzter als man naheliegend vermutet.

bei soviel Trubel blickt auch Alien Stalk Eyes von der Speisekarte hoch

Die 3D-Konvertierung von MEN IN BLACK 3 ist bis auf ein paar kleine Crosstalk-Probleme absolut sauber, kein Vergleich mehr zu den gefürchteten Konvertierungen aus den letzten Jahren. Doch leider ist die Kreativität der anderen Departments wie das Creature- oder Kostümdesign nicht auf die 3D-Gestaltung übergesprungen. Das Potential einer aufregenden 3D-Trips durch die Zeit und Raum von Erde und Universum wurde weder visuell noch dramaturgisch genutzt. Es lassen sich ein paar schwindelerregende Höhen von Wolkenkratzer und Raketentürmen erleben, ein paar wenige leichte Out of Screen-Effekte bereichern die VFX in Actionszenen.

runter kommen sie alle- Agent J (Will Smith) springt vom Empire State Buildung auf Zeitreise

Zwei gelungene Szenen bleiben dem 3D-Freund in Erinnerung, doch gehören diese eh zu den Special Effects Shots. Zum einen bricht der Bösewicht Boris das Tier aus dem Mondgefängnis aus und nähert sich dem Zuschauer bedrohlich in großen, da schwerelosen Sprüngen (und das sah deutlich besser aus als bei John Carter auf dem Mars). Zum zweiten ist die Ausführung der eigentlichen Grundidee des Sequels eine spanennde Sequenz: technisch ermöglicht durch ein handliches Zeitreise-Dings stürzt sich der Traveller, in diesem Fall Agent J vom New Yorker Empire State Building. Und landet nach einer kurzen Evolutionsgeschichte des Ortes im eingestellen Jahr 1969. Die Höhe, der Fall, die Verzerrung von Raum und von Zeit- hier stimmte der kreative Ansatz für einen aufregenden 3D-Film. Doch wie das mit Stürzen von Hochhäusern so ist- viel zu schnell landet man wieder auf dem Boden der Tatsachen.

Fazit: Ein vergnüglicher Spaß mit Liebe zu Details in bewährter Mischung. Die Fans von damals werden in den Film strömen, der Mix aus smarter Action, witzigen Sprüchen und verrückten Aliens dürfte immer noch ziehen, auch wenn wir mittlerweile reihenweise VFX im Kino gewohnt sind. Ob Will Smith weiter der Garant für Kassenrekorde ist, bleibt abzuwarten. Nächstes mal bitte in 3D gefilmt und einen genialen Stereographer an Bord holen. Dann klappt es auch mit den neuen Kassenrekorden. 🙂

Bilder © Sony Pictures · Alle Rechte vorbehalten.

Eine Kurzkritik zu Paul W. S. Andersons neuem Film Die Drei Musketiere könnte lauten: Was? Ach nööö. Der Film ist ein bisschen wie das Filmplakat- man weiß, wo sie hin wollten, die Umsetzung ist aber eher eklektisch.

Die Drei Musketiere ist Popcorn-Kino, was grundsätzlich nichts schlechtes sein muss. Ein Mashup, das von überall her nimmt und zitiert, aber wenig neues hinzufügt. Neben den zahllosen Musketier-Verfilmungen finden sich in Paul W. S. Andersons Version Anleihen an Jules Verne, Indiana Jones, Resident Evil, die Fluch der Karibik- Reihe, James Bond, Steampunk- und Heist-Movies. Und auch ein wenig Dumas. Selbstverständlich in stereoskopischem 3D, das nativ gedreht optisch perfekt umgesetzt wurde, wenn auch inhaltlich etwas einfallslos genutzt. Ich würde dafür durchaus den Begriff Franchise benutzen: man baut auf Vorbekanntem auf, und veröffentlicht eine weitere Episode, die aber auch in einem „more of the same“ enden können.

Bereits die Eröffnung sorgte bei mir für Verärgerung: die etwas abgehalfterten Musketiere rauben im künstlichen Set-Venedig drei Schlüssel, um in das geheime Archiv von Leonardo da Vinci zu gelangen. Dort wollen sie den Plan für die Über-Kriegsmaschine, besser bekannt als wörtlich genommenes Luftschiff, stehlen. Und bei der Flucht vernichten sie mal eben das gesamte Archiv von DaVinci wissentlich und vorsätzlich. In meinem Verständnis tut das ein Musketier nicht. Der schlägt zwar ein wenig über die Strenge, kämpft aber für das Gute und vernichtet dabei mal eben unwiderbringliches wissenschaftliches kulturelles Nutzgut. Gut, Milady DeWinter, aka Regisseurgattin Milla Jovovich, zitiert in Alice-Manier den Indiana Jones 1- Opener. Doch eine Badass-Variante der Musketiere im Stile von Guy Ritchies Sherlock Holmes ist diese Musketier-Fassung nicht.

Man kommt mit großem Cast: Milla Jovovich hat gefühlt die meiste Screentime und darf den ganzen Film über als Brüstchen in Kleidchen kokettieren, was das Modeln hält. Orlando Bloom wollte statt Jüngling mal schmierigen Fiesling, den bekam er auch mitsamt Föhnwelle. Hans Landa, äh, Christoph Waltz, spielt wie immer seine Paraderolle, der man zwar gerne zusieht, sich aber zunehmend abnutzt. Die Musketiere Matthew MacFadyen, Ray Stevenson und Luke Evans kommen stimmig, charakterstark, der junge D’Artagnan (Percy Jackson- Logan Lerman) ist zwar etwas plättlich testosteron-geschwängerte in der Figur, aber annehmbar. Mads Mikkelsen als Fiesling Rochefort spielt erneut konsequent mit nur einem Auge. Und wir haben noch einen Stapel Nebenrollen: Nina Eichinger haben sie die Sprechszenen geschnitten. Til Schweiger karikiert Til Schweiger- anders kann ich mir diese Performance nicht erklären. Der britische Comedien James Corden darf lediglich als dicker Sidekick immer Hunger haben. Da wäre sicher mit etwas mehr möglich gewesen.

Man kann durchaus Spaß an den Drei Musketieren haben, aber man sollte es mit Logik nicht zu eng sehen. Dass jemand einen Sturz aus mehreren hundert Metern Höhe ins Meer überlebt, ist absurd. Dass jemand mal eben ein Luftschiff fliegt, wobei man so ein Ding zum ersten mal sieht, natürlich ebenso. Aber der ganze Film protzt mit Übertreibung und Absurdität, dass man darauf wirklich keinen Wert legen sollte. Ich möchte hier keine Handlung über Luftschiffe auf Domdächern spoilern. Aber wie ausgedehnt eine Halskette als MacGuffin funktionieren kann, demonstriert der Film etwas angestrengt. In diesem Fall muss ich sagen: Blockbuster. Bitte noch ein Popcorn essen.

Natürlich sind die historischen Drehorte in Würzburg, Bamberg, Burghausen und auf Herrenchiemsee eine Pracht, verstärkt durch die guten 3D-Aufnahmen. Leider sieht man ihnen die Kulisse immer ein wenig an. Die Straßen im Paris des 17. Jahrhunderts sahen wohl anders aus. Will man hier Atmosphäre schaffen, legt man am Set noch schnell einen Stein neben die Körbe. Aber sonst ist alles blitzblank. Natürlich liegt das an den eingeschränkten Drehmöglichkeiten auf den Schauplätzen, doch wird hier diese Version der Drei Musketiere ein wenig zum Kostüm- und Mantel- und Degenfilm, wobei man das in der Kommunikation ja tunlichst vermieden hat. By the way: Die Kostüme sind eine Pracht, man lässt sich zu neuzeitlichen Witzen eines Urahns von Karl Lagerfeld hinreißen. Und verteilt Strafzettel an falsch parkende Pferde. Die Neuzeitreferenzen wirken aber auch mal albern statt witzig.

Natürlich interessiert mich die Visualität des Films. Und da bin ich leider ein bisschen kritisch. Gerade durch die technisch brillanten 3D-Realfilm-Aufnahmen ist das Gefälle zu den VFX sehr stark. Alles, was großflächig aus dem Rechner als Landschaft, Mattepainting oder Kulisse kommt, ist durch Bewegung, Textur und Licht klar als solches zu erkennen. Vor ein paar Jahren hätte man das noch durchgehen lassen, doch mittlerweile hat man sich – und gerade der Blockbuster-Besucher- an photorealistischere VFX gewöhnt. Dies gilt leider auch für die Kampfszenen auf den Luftschiffen. Der Einsatz des nativen stereoskopischen 3D ist absolut lohnenswert, weil es Tiefe in den gesamten Film bringt, natürlich darf auch mal ein Popout-Effekt dabei sein. Die Projektion war im RealD-System lichtstark und farbfreudig, Ghosting-Effekte sind mir auch bei dunklen Szenen nicht aufgefallen. Da haben sie einen wirklich guten Job gemacht. Und ich freue mich, wenn Paul W. S. Anderson sein 3D-Potential in den nächsten Filmen weiter ausbaut.

Fazit: Mit den Drei Musketieren schlägt man sicher ein neues Kapitel in der deutschen Filmproduktion auf: auch wir können opulent und teu(r)er. Zwar im alten Frankreich belassen, doch inszenatorisch in die Neuzeit geholt, ist diese Fassung nichts für Dumas-Puristen, bietet aber durchaus ansprechendes Popcorn-Kino in absolut sehenswertem 3D. Und wird sicher ein Erfolg, alleine durch die ganzen Verkäufe des Films rund um den Globus.

Die Drei Musketiere läuft seit heute deutschlandweit in 538 3D- Kinos- übrigens der drittgrößte deutsche 3D-Release aller Zeiten.

Bilder © Constantin · Alle Rechte vorbehalten.

Es ist mal wieder Zeit für ein Horror-Sequel! Denn der Tod ist gierig wie eh und je und gönnt den Menschen ihr kleines Quentchen Fristverlängerung auf Erden nicht. Dabei interessiert auch in Final Destination 5 nicht die Neuheit einer Geschichte, Fans der Serie wissen, worauf sie sich einlassen, und wollen genau davon mehr sehen: skurille Todesfälle, die eigentlich einem Unfall oder mechanischem Defekt geschuldet sind. Hätte der Tod nicht eine kleine sadistische Ader und eine Vorliebe für Was-passiert-dann-Maschinerien, er könnte einfach in persona mit der Sense die Delinquenten mähen. Doch wäre das nur wenig bizarr und minder unterhaltend. Etwas Pep kommt in den fünften Teil durch die Neuerung einer Leben und Sterben-lassen-Regel. Wenn der Delinquent zum Täter wird, kann sogar der Botschafter des Todes über die einfältigen Menschen grinsen.

Der Schauwert des Films wird bereits im 3D- Vorspann zelebriert, der ein wenig an eine brutale Form der James Bond-Vorspänne erinnert. Mordwerkzeuge aller coleur inklusive der Blutfontänen fliegen durch die Leinwand, die in diesem Fall eine Glasscheibe ist, hinein ins Publikum, auf den Zuschauer zu oder durch ihn durch. Für alle, die sich im 3D-Kino über zu wenig PopOut-Effekte beschweren: hier gibt es reichlich. Und Regisseur Steven Quale, der bereits seit 20 Jahren mit James Cameron an mehreren 3D-Filmen (inklusive AVATAR) gearbeitet hat, reizt den stereoskopischen Raum voll aus. Mit dem Cameron/Pace-Fusion 3D-Kameraequipment dreht Kameramann Brian Pearson natürlich in originärem 3D und liefert nicht nur die spektakulärsten Todesfalle des Kinojahres ab, sondern auch einen der optisch besten 3D-Realfilme des Jahres. Lediglich die Szenen zum Ende des Films in der Restaurantküche litten in der Pressevorführung auf dem Real D-System unter einem leichten Ghosting.

Brillant ist die Schlüsselszene von Sams Vision auf der einstürzenden Brücke geraten. Unausweichlich nimmt der Schrecken in einer furiosen Inszenierung seinen unaufhaltsamen Lauf, in der einer nach dem anderen der Kollegen aus der Papierfabrik dahin gerafft wird. Und ihr ahnt, dass eine Brücke für einen 3D-Film schwindelerregende Höhen und abgründige Tiefen ermöglicht. Und erst die Segelboote, die drunter durch fahren, mit ihrem steil rausragenden Mast… Da geht auch dem Kinobesucher der Puls. Kleines Manko: dass die Vision diese furiose Sequenz bietet, erschwert dem nachfolgenden Film das Sein.

Nicht so überraschend ist die schauspielerische Leistung des Ensembles, das funktioniert zwar, wirkt aber von Darstellern und Figuren gleichermaßen etwas generisch. Manchmal denkt man leise das Wort „Quote“ vor sich hin, wenn Ethnien, Geschlechter und Altersgruppen bedient werden. Zeit für große Characterentwicklungen bleibt kaum, verständlicherweise, kommt immer spontanes Ableben dazwischen.

Natürlich ist Final Destination in der ungeschnittenen Version mit der FSK 18 zu sehen, denn nur hier ist die volle Pracht aufspießender Eisenstangen, Segelmasten und Akupunkturnadeln zu genießen. So wird der Horror immersiv intensiviert, dem Ekel und der Gefahr kann man sich kaum entziehen. Zugegeben, Horror und bitterer Humor liegen bei FD 5 dicht beieinander. Statt Entsetzens-Schreien dürfte es auch den einen oder anderen Lacher an eigentlich unpassender Stelle geben, da man die Todesfälle wunderbar aufs skurillste überzeichnet. Und da der Tod mit den Protagonisten spielt, dürfen auch die Filmemacher ein wenig mit den Erwartungen des Publikums spielen: die Elemente der Todesursache werden offen vorgeführt: ein Reißnagel auf dem Schwebebalken, ein defektes Stromkabel, tropfendes Wasser. Doch endet nicht nur dieser Unfall ebenso tödlich wie überraschender als vorhergesehen.

Fazit: Trotz wiederholtem Franchise-Aufguss ein blutiger Horror-Spaß, den weder Fans der Franchise, noch Freunde der Stereoskopie verpassen sollten!

Bilder © Warner Bros. · Alle Rechte vorbehalten.

Zugegeben- ich war nie ein großer Fan der Harry Potter-Franchise. Aber irgendwie hat man dann doch alle Teile mal im Kino, auf DVD oder im Flugzeug gesehen. Die ersten fünf Bücher stauben irgendwo im Bücherregal rum. Ich hab es probiert. Und ich fand es nett, nicht mehr. Natürlich hat J.K. Rowling weltberühmte Charaktere geschaffen, die Millionen von Kindern von ihrer Jugend ins Erwachsenenalter begleitet haben. So wird die Harry Potter-Saga neben den Romanen auch als derzeit finanziell erfolgreichste Filmfranchise weiter Bestand haben.

Doch haben mich immer Dinge gestört.

  • Grundsätzlich: Mir als altem Rollenspieler rollten sich mitunter die Fußnägel, wie wahllos sich Frau Rowling in der Fantasy-Literatur bediente und beliebig in ihren Zauberlehrlings-Kosmos einbaute.
  • Im Kino gab es von mir nur Unverständnis, wenn Eltern ihren 6jährigen Kindern durch ihre Begleitung den Zutritt zu den ganz schön heftigen Potterfilmen ermöglichten.
  • Quidditch ist einfach kein „Sport“, den ich mir gerne ansehe. Und der Schnatz ist in einigen Gebieten Deutschlands ein Haardutt.
  • Die Visual Effects sind in jedem Film ein Spektakel, allerdings wirkten sie nie aus einem Guss. Wie auch, wenn ein Dutzend VFX-Firmen ihre Sequenzen dazu beisteuert, es herrscht eher ein visuell-eklektisches Sammelsurium.

Jetzt wird es ketzerisch: mich haben die Potter-Filme ab Teil vier eher gelangweilt. Ein stetes „more of the same“, mit dem ewig gleichen Spannungsplot und der einen Aufgabe, den Unaussprechlichen zu vernichten. Und da man im Zauberland alle Regeln selber definiert, findet man stets Aus- und Umwege statt mal zur Sache zu kommen. Man könnte sagen, die Franchise wurde perfekt bedient, für mich waren die Teile Potter 4 bis 7 ein ultra-langer XXL-Trailer für das, was nun endlich zu einem Ende kommt. Alles endet hier. So das Versprechen für Harry Potter und die Heiligtümer des Todes – Teil 2. Und um es vorweg zu nehmen: ja die Geschichte um Rundbrillen-Harry und Pferdenüstern-Fresse Voldemort endet wirklich. Doch haben wir auch gelernt, dass man Tote wieder aus dem Reich der Verstorbenen zurückholen kann, und wenn die Kinder der Zauber-Voll- und Halbblüter die Saat weitertragen, droht eventuell doch ein Potter-Next Generation. Doch wollen wir das manifestierte Böse nicht an die Wand malen.

Weil Harry Potter und die Heiligtümer des Todes so ein dickes Buch ist, splittete man es in zwei Filme auf. Macht auch statt (knapp) einer Milliarde an der Kinokasse dann mal eben zwei. Erstaunlich, dass gerade das Finale mit rund 130 Minuten Laufzeit der kürzeste Film der Franchise ist. Da wird dann nochmal episch alles inhaltliche referenziert und aufgelöst, als auch Gegenständliches in Schutt und Asche gelegt. Nur für Fans- keine Rückblicke, keine Einführung, es geht nahtlos weiter. Wer nicht dabei war, bleibt inhaltlich draußen. Das ist bei Franchises durchaus üblich, und von daher verzeihlich. Schlimmer war das Ende des ersten Teils der Heiligtümer des Todes, der den Zuschauer in finsterer Trostlosigkeit hinterließ.

Harry Potter (Daniel Radcliffe), Hermine Granger (Emma Watson) und Ron Weasley (Rupert Grint) betrauern weiterhin den Tod ihres Hauselfen Dobby, den die Oberschergin Bellatrix Lastrange (Helena Bonham Carter) meuchelte. Dennoch müssen sie ihre beiden Ziele vorantreiben- die Vernichtung aller sieben Horkruxe, in denen Voldemort einen Teil seiner selbst verbirgt, sowie das Einsammeln der drei übermagischen Artefakte Tarnkappenumhang, den Stein der Auferstehung und die Mutter aller Zauberstäbe, den Elderstab. Maskiert in der Figura der Bellatrix Lastrange dringen die drei Freunde in der Goblin-Zentralbank in die unterirdischen Tresorräume ein, um eine Horkruxe zu zerstören und einem Verrat auf dem Rücken des geschundenen Verlieswächter-Drachens knapp zu entgehen.


Weiter geht es ins Harry und Ronny-Internat nach Hogwarts, wo man eine weitere Horkruxe finden und vernichten will. Der vermeintliche Dumbledore-Killer Professor Snape (in Bestform: Alan Rickman) hat die Zaubererschule eingenommen, doch Harry und Friends erobern ihr Refugium zurück. Zumindest für eine kurze Zeit: The Bad and Ugly Lord der Finsternis Voldemort (Ralph Fiennes) hat mittlerweile ganz Großbritannien in seiner Gewalt und schart seine finstere Armee um sich. Im Angriff auf Hogwarts lassen es beide Seiten nach Möglichkeiten und Zaubermacht nochmal richtig krachen. Zahllose Figuren aller Episoden liefern sich eine finale Schlacht, die im Gemetzel und Opferzahl eher an den „Herrn der Ringe“ erinnert- trotz einer FSK 12. Inhaltlich lässt sich alles nur mit dem Tod Voldemorts UND dem Tode Harry Potters auflösen. (Und da hätte es auch enden sollen, statt mit diesem furchtbaren Epilog 19 Jahre später, der mehr an „eine verkleidete Schülergruppe spielt Vater, Mutter, Kind“ erinnert.)

Nachdem ja schon Harry Potter 7.1 nicht nur mit einigen IMAX-Szenen, sondern vollständig in stereoskopischem 3D erscheinen sollte, ist ihnen nach dem Konvertierungsdesaster 2010 nun eine vollständige 3D-Fassung gelungen. Das Finale sollte ja ein besonderer Paukenschlag sein, und mit dem 3D-Zuschlag könnte man die Milliarde an der Kinokasse erreichen. Notfalls mit zusätzlichem Merchandising- Real D hat speziell designte Harry Potter-3D-Brillen im Nickelbrillen-Look auf den Markt geworfen, die in den USA für den stolzen Preis von 11 Dollar (!!) verkauft werden. Die Harry Potter-3D-Brille entspricht einer üblichen Polfilterbrille mit eben runden Gläsern- Vorsicht bei großen Leinwänden, das Sichtfeld ist dadurch schmaler (dafür höher) als bei den üblichen Einweg-Real D-Brillen.

Die Konvertierung ist absolut annehmbar und nicht mit den Negativ-Beispielen der Branche vergleichbar. Die räumliche Tiefe wird erzielt, der Raum vor der Leinwand moderat bespielt, ergänzt um ein paar wenige PopOut-Effekte. Für den geübten 3D-Seher ist die Konvertierung vor allem durch die Überzeichnung bei kurzen Brennweiten und vor allem bei Zoom- und Kamerafahrten ersichtlich. Auch wirken die Szenerien zu oft zu gestaffelt sortiert, was manchmal an Cardbord-Effekte grenzt. Harry Potter 7.2 ist aber die bisher beste 3D-Konvertierung, die ich gesehen habe. In nativem 3D gedreht hätte man visuell noch mehr aus den Bildern und dem Inhalt herausholen können. Am besten ist das S3D verständlicherweise in den CGI-Szenen, da am einfachsten kontrollierbar. Und die oben bemängelte eklektische VFX-Anhäufung verschiedener Firmen macht sich hier noch deutlicher bemerkbar- 3D fordert ein optisch hochwertiges Erlebnis ein, das jeden Fehler deutlich herausstellt. In der Nähe der realistischen Beobachtung lässt es sich nicht mehr so gut optisch betrügen.

Fazit: Porpcorn-Kino at its best. Regisseur David Yates und Kameramann Eduardo Serra machen einen sehr ordentlichen Job in Umsetzung, Tempo und Bildern. Die schauspielerische Leistung von Ralph Fiennes, Maggie Smith und Alan Rickmann ist eine wahre Freude. Auch die Youngsters Harry, Hermine und Ron haben sich im Verlauf der Franchise in ihren mimischen Qualitäten wirklich entwickelt. Man bekommt eine Fortsetzung dessen, was man erwartet: nochmal alle Figuren im großen Fantasymix mit der finalen Schlacht, die optisch im Vergleich zu anderen Showdowns fast opulenter hätte ausfallen sollen. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes- Teil 2 ist natürlich für alle Potter-Fans ein Muss. Und eben erstmals vollständig in 3D zu sehen. Auch für alle, die irgendwann aus der Franchise ausgestiegen sind: angucken, diesmal endet es wirklich.

Harry Potter und die Heiligtümer des Todes- Teil 2 läuft ab dem 14. Juli 2011 auf allen deutschen Leinwänden in Digital 3D, in IMAX 3D und in ausgewählten Kinos auch in 2D.

Bildmaterial (C) 2011 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. HARRY POTTER PUBLISHING RIGHTS (C) J.K.R. HARRY POTTER CHARACTERS, NAMES AND RELATED INDICIA ARE TRADEMARKS OF AND (C) WARNER BROS. ENT. ALL RIGHTS RESERVED

Während sich das deutsche Feuilleton noch an Filmvergleichen abarbeitet, haben The Totally RAD Show in ihrer aktuellen Ausgabe eine Video-Filmkritik zu James Camerons „AVATAR- Aufbruch nach Pandora“ rausgebracht. Knapp 25 Minuten Gedanken, Meinungen und Emotionen über den Film von echten Filmfans. Okay, ein bisschen amerikanisch aufgemotzt, aber durchaus unterhaltsam. Und wenn es Zweifler oder Unentschlossene an der Kinokasse gibt: guckt euch das Video an.

Sie empfehlen das gleiche wie ich: guckt AVATAR auf großer Leinwand und guckt es vor allem in stereoskopischem 3D! Heute starten deutschlandweit die Previews!

Schöne Mittagspause!

Jetzt habe ich bereits vor einer Woche James Camerons AVATAR- Aufbruch nach Pandora gesehen. Ich brauchte ein paar Tage um das Gesehene auf mich wirken zu lassen, zumal gab es ein Kritik-Embargo von Seiten des Verleihs. Und mich hat interessiert, was von dem Film nach einer Woche noch bleibt. Welche Bilder weiter bestehen, welche Elemente ihre Bedeutung behalten haben. Hier nun meine „Filmkritik“ zu AVATAR. Es sind Überlegungen, die nicht mehr verraten, als im bisher veröffentlichten Material schon zu sehen war. Und am Ende gibt es es einen ganz kleinen Spoiler, ich werde aber vorher Bescheid geben.

Und für alle ganz Schnellen: Nein, AVATAR ist nicht der beste Film aller Zeiten. Ja, AVATAR gehört zum Kinokanon des Jahres. Ja, man muss ihn im Kino sehen. Ein unterhaltsamer, technisch grandioser Film mit spektakulären Bildern. Und ja, man muss ihn vor allem auf möglichst großer Leinwand mit möglichst tollem Sound und vor allem als stereoskopische 3D-Fassung sehen. Und am besten in OV, aber das ist Geschmackssache.

Vorab: Eigentlich mag ich Filmkritiken nicht besonders. Kritik heißt ja das Gute loben und das Negative kritisieren. Mit dem Zweck anderen eine Empfehlung zu geben oder auch von einem Film abzuraten. Doch wenn ich Kritiken lese habe ich zu oft das Gefühl, dass es um eine reine Zurschaustellung der Wortgewandtheit, des Intellekts oder des kunst- und kulturwissenschaftlichen Hintergrundwissens ist. Der Film verkommt zum Sparringspartner, an die Bande gedrückt von der einen mehr oder weniger originellen Idee des Kritikers. Gerade zur Berlinale verzichte ich vollständig auf das Lesen der Filmkritiken- und erlebe mitunter ganz wunderbare Momente, von denen andere mir dringend abgeraten hätten. Und auch im Falle von AVATAR ist es mir total egal, was die großen Magazine schreiben oder der Bi-Ba-Butzemann sagt.

Nun durfte ich am vergangenen Montag „AVATAR- Aufbruch nach Pandora“ bereits in der Vorab- Pressevorführung sehen und am Dienstag bei der Pressekonferenz dabei sein. Angeblich hat Cameron die finale Schnittfassung erst drei Tage vorher gesehen. Das verpflichtet ein wenig. Ich möchte mit euch teilen, was mir beim Ansehen des Films durch den Kopf ging. Denn ich möchte niemanden dazu überreden ein Ticket zu kaufen, dafür habe ich in den letzten Wochen viel zu sehr in der Werbetrommel mitgerührt. Und ich möchte niemanden davon abbringen sich den Film anzusehen. Denn eines vorab: wer AVATAR nicht in 3D im Kino sieht, hat es einfach nicht erlebt. So schnell wird die Gelegenheit nicht wiederkommen. Zwar steht das ganze 3D-Homeentertainment in den Startlöchern, ist aber noch wacklig. Diese Bilder auf großer Leinwand in S3D werden so nicht wieder zu erleben sein. Und das ist das Erlebnis des Films.

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Der Film wurde im letzten Jahr immer als „Revolution des Kinos“ angekündigt. Viele haben dies auf den Einsatz von stereoskopischem 3D gemünzt. Fast möchte ich heute sagen: Nein, das stimmt nicht. Denn die 3D-Technik spielt eigentlich keine Rolle. Ja, verehrter Leser, die stereoskopische Dimension ergattert sich keine Hauptrolle im Film, denn er ist nicht für diesen Selbstzweck gemacht. Es gibt keine herausfliegenden Gegenstände, keine piekenden Speere oder Finger. Und schon gar nicht solche Selbstzweck-Kamerafahrten wie in „Disneys Eine Weinachtsgeschichte“. Absurderweise sind nun die Kritiker, die solches Effektkino immer verurteilten, nun enttäuscht, dass ihnen nichts neues Spektakuläres in dieser Richtung angeboten wird: Wie ironisch, in einem absoluten 3D-Spezialeffekt-Film gibt es keine 3D-Effekte.

Nicht dass mich jemand falsch versteht: der Film muss auf jeden Fall in 3D geguckt werden! Brendon von Slashfilm hat es so formuliert: „You need to see Avatar in 3D just as much as you need to see The Red Shoes in colour, Apocalypse Now in surround sound or Casablanca on a screen larger than an iPod.“
Exakt. Denn der Film besticht durch seine unglaubliche Tiefe. Die Leinwand ist keine Wand mehr, sondern ein Fenster zu einer anderen Welt. Und die Immersion geht eigentlich noch weiter: ich hatte zwar nicht das Gefühl mitten in einem holografischen Film zu sein. Aber man ist durchaus Teil dieser Welt. Cameron setzt statt effektvoller Stereotricks die Räumlichkeit ein: die Enge, die Weite, die Bewegung. Ich dachte ein paar Gestaltungsregeln für 3D verstanden zu haben: keine angeschnittenen Personen, keine Objekte an den Rändern. Cameron bricht das immer und immer wieder- und es funktioniert wunderbar! Insgesamt ist die Kameraarbeit sehr spannend, da sie nicht nur Bilder zeigt, sondern auch innerhalb der Bilder lenkt. Schärfenverlagerungen in 3D müssen ein Albtraum für den Kameramann, bzw. den Schärfenzieher sein. Untertitel, wie sie bei der Originalsprache der Na’vi eingesetzt wird sind in 3D eigentlich ebenfalls ein Graus- man muss die Untertitel nämlich in exakt der gleichen Ebene wie den fokussierten Aufmerksamkeitspunkt setzen. Passiert dies nicht, werden die Untertitel unscharf oder dem Zuschauer auf die Dauer übel. Das Auge des Betrachters wird also behutsam, aber sehr bestimmt durch die Bilder geleitet. Was aber, wenn das Auge auf der riesigen Leinwand herumwandern, mehr von Pandora entdecken will? Mir ist es nur ein einziges mal passiert, dass ich aus dieser Leitung heraus gefallen bin, daher bin ich sehr erstaunt, wie gut das funktioniert. Ich muss aber gestehen, dass ich die Szenen auf dem Raumkreuzer ISV Venture Star zu Beginn des Films nicht richtig genießen konnte, da sich die Augen doch erst ein paar Minuten an die 3D-Bilder gewöhnen müssen. Letzte Woche wurde in einigen Foren gemutmaßt, dass uns Cameron mit seinen 3D-Bildern alle zum Erbrechen führen wird. Weit gefehlt. Lediglich ein älterer Herr musste mal mittendrin raus, das lag aber an der Spieldauer von über 160 Minuten und seiner schwachen Blase.

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War jemand so mutig und hat die Revolution für die Story in die Waagschale geworfen? Sicherlich ist sie keine Revolution, sondern eine mitunter recht klassisch angelegt wirkende Heldenreise. Folgen nicht die meisten epischen Erzählabenteuer diesem Schema? AVATAR verlagert das Genre durch das Erobern neuer Welten vielleicht vom Western nach SciFi. Die Story wirkt sehr nachvollziehbar und nicht allzu überraschend. Dafür sind die Seiten zu klar zwischen Gut und Böse aufgeteilt. Auch wirkt manches konstruiert: man braucht noch ein paar markige Schurkensprüche, ein wiederkehrendes bedeutsames Sprichwort, die reinigende Katharsis nach der Versündigung, den finalen Showdown. Ja, konstruiert, und doch funktional, weil es erlernt ist. Die Dialoge haben keine unglaubliche Tiefe. Aber mal im ernst wer hatte das erwartet? Was erinnert ihr denn noch an Sätzen aus Cameron-Filmem jenseits von „I’ll be back!“ und „Ich bin der König der Welt!“? Wenn ich Lyrik möchte, guck ich was anderes.

Die wahre Revolution liegt in der Art des Filmemachens. Maxime: Die Grenze des Films ist die Vorstellungskraft des Regisseurs. Mit der Weiterentwicklung des Motioncapturings zum Performancecapturing ist ein entscheidender Schritt in der Darstellung vom körperlichem Ausdruck gegangen. Es handelt sich nicht um im Rechner erstellte Animationen, sondern um die Übertragung der Bewegungen der Schauspieler auf ihre virtuellen Modelle- in Gestik und Mimik. Kein übertriebenes Spiel mehr im MoCap wie bei Jim Carrey in „Disneys Eine Weihnachtsgeschichte“, oder eher ikonische Bewegungen wir in den Dreamworks-Animationsfilmen. Es geht feiner und sensibler, und in einigen Momenten blitzt das Menschliche durch die Außerirdische Lebensform durch, dass es mich berührte. Allein der Avatar von Sigourney Weaver in ihrer westlichen Kleidung wirkte auf mich stets sehr künstlich und befremdlich, macht sie auch sonst im Film eine gute Figur. Die virtuelle Kamera ermöglicht das freie Bewegen in den digital erschaffenen Welten. Das eigens entwickelte Cameron/Pace Fusion 3-D Camera System ist bereits für weitere stereoskopische Filme im Einsatz- z.B. drehte „The Final Destination“ damit. Und vergesst Minority Report, AVATAR zeigt die coolsten holografischen Displays der Saison. In den nächsten Tagen gibt es noch einen Artikel über die Technik hinter dem Film.

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Ich werde nicht über den Grad des Photorealismus reden, sonst bekomme ich Ärger mit einem Freund, der Fotograf ist. 🙂 Aber könnt ihr euch noch erinnern, wie Spielberg in Jurassic Park die ersten CGI-Dinos auf die Leinwand zauberte? Das funktionierte aufgrund der Mischung mit lebensechteren Animatronics in der Glaubwürdigkeit recht gut. Wie wurde Gollum aus „Herr der Ringe“ gefeiert, der erste CGI-Charakter, der auch bei Tageslicht als Figur überzeugend wirkte, und nicht nur in stürmischen Regennächten. AVATAR ist der neue Maßstab. Und es wurden nicht nur einzelne Figuren wie Gollum oder King Kong am Rechner erschaffen, sondern eine ganze detaillierte und lebendige Welt. Sie ist nicht perfekt, aber eine neue Referenz.

Der Reiz des Film bestand für mich in der unglaublich detaillierten Welt von Pandora. Mir ging es sehr ähnlich wie Jake, der in seiner Avatar-Gestalt unwissend über den Mond Pandora tapst und sich gar nicht satt sehen kann an den ganzen verrückten Lebensformen. Wie ein kleines Kind wollte ich in den Urwaldszenen am liebsten mal hierhin und mal dorthin laufen. Auch die Helicoradians, eine Art Mimosen-Korallen-Pflanze, anfassen. Auch über die Biolumineszenz der Wesen staunen und mit meinen Füßen leuchtende Spuren hinterlassen. Die feurigen Fan-Lizards beim Starten beobachten. Man staunt in dieser Welt und das hätte ich mir gerne noch länger angesehen. Und ich werde mir das in den nächsten Wochen sicher noch ein paar Mal ansehen. (Und natürlich in den späteren Fortsetzungen vertiefen 😉 )

Ich hardere ein wenig mit dem Schöpfer und seiner Namensgebung: Pandora kennen wir von der Büchse, Banshees sind eigentlich irische Klagegeister und Avatare kennen wir als stellvertretende Bildchen im Internet. Aber vielleicht ist es auch clever und nicht einfallslos, denn man kann sich diese Begriffe merken, man hat sie schon mal gehört.
Auch sind die Lebensformen auf Pandora sehr verwandt mit heimischen Artgenossen, lebendig oder ausgestorben. Vieles erinnert an die blühenden Unterwasserlandschaften, was mit dem Hintergrund von Camerons letzten Filmprojekten nicht verwundert. Dinosaurierartige, Raubtierartige, Affenartige, Pferdeartige- alles ist angelehnt an unser Fauna. Aber mit Ausnahme der Na’vi sind alle höher entwickelten Lebewesen Hexapoden, verfügen also drei Arm-/Bein-Flüge-Paare. Und sind aus gestalterischen Gründen eher dem blauen Farbspektrum zugeordnet. Die Erde, der blaue Planet? Pandora, der blaue Mond.
Man erfindet keine absurden oder grotesken Fabelwesen, sondern variiert und mischt Bekanntes zu neuen Formen.

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Und dieses Konzept scheint im Film oft aufzugehen: man hat es schon mal die Musik so gehört, die Handlung so gesehen, den Kampf zwischen gut und Böse so verfolgt. Es ist vorbekannt und wird bedient. Geprägt von einer Militär-Politik eines George Bush. Wir haben schon so viele Showdowns gesehen, und doch erzählt AVATAR eine markige Fassung, so wie man es von Cameron gewohnt ist (und nicht so ein Luschikram wie z.B. in Iron Man).  Da kämpfen Menschen in ihrer jeweiligen artifiziellen Hülle gegeneinander, der Mensch im außeriridischen Körper gegen den Menschen in der Verlängerung durch den AMP-Suit, den Maschinenkörper. Wer ist der Außerirdische, der Eindringling in der fremden Welt?

Ein Kampf der Technik gegen die Natur. Und ja, es gib Ethnokitsch im Film, bildlich wie musikalisch, keine Frage. Angelehnt an die Naturvölker des Planeten Erde, vielleicht einer Mischung aus Massai und Maori, auch in der Sprache. Sehr erstaunlich, dass gerade der Einsatz von so viel Technik uns den Zauber der Natur lehrt. Die Botschaft ist zwar sehr offensichtlich, aber dadurch wird sie nicht weniger wichtig. Und noch ein Weiteres gelingt: Ich bin nicht so im SciFi-Genre zu Hause, ich kann mich aber nicht an eine ernst gemeinte Liebesgeschichte zwischen Außerirdischen erinnern. Und schon gar nicht an eine Romanze zwischen Mensch und Alien, die darauf abzielt emotional ergreifend zu sein.

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Die deutsche Presse hangelt sich gerade ratlos an Beschreibung durch die Vergleiche mit Pocahontas, Der mit dem Wolf tanzt, Gorillas im Nebel und Winnetou. Viel passender sehe ich Zitate des Films wie den Hubschrauber-Angriff aus Apocalypse Now als Referenz. Ich frage mich wirklich, was ein 13jähriger denkt, der noch keine große Erfahrung in der Filmliteratur hat. Der kennt die Zitate nicht, hält vielleicht mitunter den Aufwand des Film für gerechtfertigten Standard.

Und wird lange auf etwas Vergleichbares warten. Was soll noch kommen, wenn man als Tänzer für Michael Jackson gearbeitet hat? Was soll noch kommen, wenn man so einen Blockbuster mit James Cameron gedreht hat? Na gut, im letzteren Fall gibt es eine Lösung: einfach noch einen Film mit James Cameron, vielleicht ein Sequel. Cameron hat in der Pressekonferenz klar gesagt, dass es Fortsetzungen geben wird- sofern die Erlöse an der Kinokasse für Aufbruch nach Pandora es rechtfertigen. Heißt in Hollywood: mindestens das Dreifache der Produktionskosten einspielen. Die in diesem Fall zwischen pessimistischen 150 Mio und gemutmaßten 350 Mio US- Dollar liegen. Und ich höre die Presse jetzt schon wieder von einem Flop reden, wenn AVATAR nicht mindestens eine Milliarde an der Kinokasse einspielt. Ich möchte euch ein freundliches „Geht’s noch?“ zurufen. Das haben in den letzten 20 Jahren überhaupt nur Camerons „Titanic“ (1,86 Mrd $), „The Lord of the Rings: The Return of the King“ (1,119 Mrd $) und knapp „Pirates of the Carribean: Dead Man’s Chest“ (1,06 Mrd $), sowie „The Dark Knight“ mit 1 Mrd $ geschafft. Ja, der Druck ist groß, aber macht mal halblang. AVATAR wird in den Mitternachtspreviews mehr Geld einspielen als ein großer deutscher Film an Budget hat. Und am Startwochenende mehr Geld einnehmen, als alle deutschen Filme des ganzen Jahres zusammen einspielen. Mal grob gesagt. Ja, ich weiß, wir machen Kunst in Deutschland und Hollywood ist böse. Aber vergesst nicht, dass jeder Zuschauer mit großem Importkino aus der Traumfabrik angefangen hat- vielleicht hat man dann sein Repertoire erweitert oder umgestellt, aber ich kenne niemanden, der als Teenager in den Achtzigern präferiert Achternbusch statt Spielberg geguckt hat. Und davon leben auch die Kinos in Deutschland. Und wer nochmal die abwertende Nummer mit der Jahrmarktsattraktion bringt, zahlt 20 Euro ins Phrasenschwein. Das Kino kommt vom Jahrmarkt, von dem voyeuristischen Drang der Menschen nach Ungewöhnlichem, Sensationen, fremden Welten, Geschichten. Und das ist genau der Grund, warum ich auch heute ins Kino gehe.

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Ich muss noch was los werden: AVATAR war meine erste große Film-Pressekonferenz. Und werte Kolleginnen und Kollegen der berichtenden Zunft, auch ich wäre ein wenig „pissed“. Da betriebt man so einen Aufwand und dann sitzt da eine müde Meute mit miesen Fragen im teuren Hotel, anscheinend geschwächt vom gerade eingenommen Mittagessen. Da arbeitet man man vier Jahre hart an einem Film und das einzige was kommt sind Fragen nach Na’vi-Nippel, der Frauenrolle im Film und ob sich James Cameron damals vorgenommen hatte, ein aufgeblähtes Remake von Pocahontas zu drehen? Mit Verlaub, da hätte ich auch wie Cameron ein „What the Fuck!“ geantwortet.

Vermutlich ist das Alltag, weil der müde Kritiker ja zu sooo vielen Pressevorführungen gehen muss und da ist ja alles so ähnlich. Und es gibt immer die selben Getränke. Gähn.

Auch wenn ich mich vermutlich gerade bei einigen Leuten sehr unbeliebt mache: Guckt den Film und lest vorher das Presseheft („Stephen Lang? Wer ist das denn? Hat der da mitgespielt?“ „Hat mal jemand einen Stift für mich?“ „Sah ich mit der 3D-Brille eigentlich gut aus?“). Dann könnte man den ganzen belanglosen Kram überspringen und vielleicht den Leuten mit interessanten Fragen eine Chance geben.

Jetzt ist dieser Artikel deutlich länger geworden, als ursprünglich geplant. Danke an alle, die es bis hier unten geschafft haben. Auch wenn es streckenweise eine Kritik an der Filmkritik geworden ist.

James Camerons „AVATAR- Aufbruch nach Pandora“ startet am 17.12.2009 in den deutschen Kinos in 2D, 3D und IMAX 3D.

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Aber nun: Achtung, Spoiler! Wer den Film ganz unbedarft sehen möchte, sollte vielleicht nicht weiter lesen. Wobei es um Material geht, das gar nicht im Film zu sehen ist.

Mein Leser Calexico hatte mich darauf aufmerksam gemacht, dass vor gut drei Wochen (Cameron hat Nerven!!) noch Szenen für den Film nachgedreht wurden. Dies wäre rund eine weitere halbe Stunde Material für den Film gewesen. Diese spielten auf der Erde, verkommen zur Dystopie, grau, ohne Pflanzen, lebensfeindlich. Aber diese Last-Minute-Szenen hat man dann doch wieder geopfert, sie sind in dieser AVATAR-Fassung nicht enthalten. Wir dürfen uns also irgendwann über eine Extended-Version des Film freuen.

Alle Bilder © 2oth Century Fox

… darf ich leider erst am Freitag veröffentlichen. Zwar konnte ich den Film gestern schon während der Pressevorführung in Berlin sehen – und zwar in voller Länge von 161 Minuten in der Originalfassung und in stereoskopischem 3D – die Bestimmungen des Verleihs unterbinden aber Kritiken vor der offiziellen Weltpremiere. Deswegen müsst ihr euch leider noch ein wenig gedulden.

[UPDATE: Meine Filmkritik zu „Avatar- Aufbruch nach Pandora“ gibt es nun unter diesem Link.]

Hier noch ein kleiner Reminder: heute am 8.12. findet ab 14h die AVATAR-Pressekonferenz in Berlin im Hotel de Rome statt. Mit Regisseur und Autor James Cameron, Produzent Jon Landau, den Hauptdarstellern Sam Worthington und Zoe Saldana – und mir. Und ich nehme euch einfach virtuell mit, ich werde live von der Pressekonferenz twittern- die Geburtststunde der Twittferenz im Filmmarketing. Folgt einfach auf Twitter meinem Account @albiedo und verfolgt die News in Echtzeit.

Bis nachher! (Und ich bin ein bisschen aufgeregt…)