Um es mal direkt zu sagen: Kinobetreiber, die sich bisher nicht um die Digitalisierung ihrer Säle gekümmert haben, stehen schon bald vor dem Aus. Und das wird, wie ein Blick in Startlisten belegt, schneller passieren, als sie gehofft hatten.
20th Century Fox erklärte bereits im Vorjahr, dass man in den USA und in anderen Territorien die Belieferung mit analogen Kopien zum Ende 2013 einstellen werde. Ein Blick in die Startlisten weiterer Majors zeigt ein ähnliches Bild: Paramount Pictures hat als letzten Film Paranormal Activity 2013 angegeben, der sowohl digital wie in analogen 35mm zum 24. Oktober 2013 vertrieben wird. Schon der am 25.12.2013 startende Thriller Jack Ryan ist ausschließlich digital zu haben. Disney zeigt den Lone Ranger ab 8. August ausschließlich digital, wird aber die Family-Titel wie Planes Ende August und die Eiskönigin im November für einen breiten Start noch auf analogen Film anbieten. Ab 2014 sind hingegen sämtliche Titel von Disney als Digital gekennzeichnet.
Nun steigen auch die deutschen Verleiher sukzessive aus dem analogen Format aus: Concorde Film hat gegenüber den Kinobetreibern aktuell das Ende der Belieferung mit analogen 35mm-Kopien zum Ende August 2013 direkt kommuniziert. Der Kinostart des 3D-Dramas Upside Down ist der Wendepunkt für Concorde, zukünftig werden nur noch digitale Kopien als DCPs an Kinos ausgeliefert. Universum Film hat bereits einzelne Titel ausschließlich digital distribuiert, beispielsweise wurden die 3D-Titel wie Streetdance (ebenfalls Constantin Film mit den letzten Teilen der Step Up-Franchise) ausschließlich digital verteilt, was bei 3D eh sinnvoll ist. Bis zum Jahresende hat Universum Film neben ausschließlich digitalen Filmen wie Riddick noch einige Titel in beiden Formen im Programm, vor allem im Bereich Kinderfilm. Laut Universum-Startliste wird mit Das kleine Gespenst letztmalig ein Film auch in 35mm vertrieben, selbst Kinderfilme im Jahr 2014 sind nur noch mit dem Vermerk 2D und 3D gekennzeichnet.
Selbst wenn Verleiher den traditionsreichen 35mm positiv gegenüber stehen, sind sie von der Belieferung durch die Weltvertriebe abhängig, die zunehmend via Festplatte und Satellit distribuieren. Die Abwärtsspirale beschleunigt sich dabei zunehmend: durch die Reduktion des Massenmarktes steigenden die Herstellungskosten für analoge Kopien; der IMAX-Präsident für das Gebiet EMEA Andrew Cripps bezifferte im Interview mit DigitaleLeinwand die aktuellen durchschnittlichen Kosten für eine analoge 70mm-IMAX-Kopie auf 35.000 bis 45.000 US-Dollar gegenüber 100 Dollar für das digitale DCP auf dem Datenträger. Analoge Distribution rechnet sich nicht mehr für Verleiher, die letzte Phase der Digitalisierung des Kinos ist eingeläutet. Über 75% der deutschen Kinosäle sind mittlerweile digitalisiert, für die geht der Betrieb problemlos weiter. Was jedoch mit den übrigen 25 % geschieht, lässt sich in dunklen Szenarien ausmalen, wenn der erste große Kinderfilm, dessen Umsatz man dringend zum Weitermachen benötigt hätte, eben nicht mehr zur Verfügung steht.
Nun sind Startlisten für die Presse kein Garant, da sind Häkchen schnell gesetzt oder entfernt. Um Klarheit zu schaffen, startete der Verband HDF Kino eine Umfrage unter allen Verleihern über die zukünftige Distribution und hat um Stellungnahme gebeten. Dieses Ergebnis dürften nicht nur ihre eigenen Mitglieder mit Spannung erwarten.
Bilder © Gerold Marks (1), Concorde Film (2) · Alle Rechte vorbehalten.