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Der Kinomarkt positioniert sich neu- und die Entscheidungsfrage heißt nicht mehr ob Digital oder S3D. Beim Blick auf den kommenden Filmkalender und die 2D-Auswertungszahlen von 3D-Filmen sprechen die Zahlen für sich. Nach der ersten Erprobungszeit ist man im Hause Cineplex voll auf digitale Zukunft eingestimmt. Mit einem Investitionsvolumen von mehr als zehn Mio. € hat Cineplex bereits etwa einhundert Leinwände für digital und S3D ausgerüstet- und plant nun die Volldigitalisierung aller verbleibenden analogen 450 Leinwände mit dem Umrüstungspartner XDC. Doch dieses Entgegenkommen an die Verleiher beim gleichzeitigem Fehlen eines Finanzierungsmodells für die gesamte Kinobranche bringt auch ein gewisses Risiko mit sich – einzelne Verleiher versuchen immer wieder die Auswertungsfenster zu Lasten der Kinos zu verkürzen, um die Filme schneller in den Pay-TV-Markt oder als Datenträger in den Handel zu bringen.

Die Position der Cineplex-Gruppe wurde nun in einer Pressemitteilung kundgetan. In dieser heißt es wörtlich:

Die 35 Gesellschafter von Cineplex Deutschland, der zweitgrößten Formation auf dem deutschen Kinomarkt, sind mit etwa 100 3D Anlagen führend. Mit einer Investition von mehr als zehn Mio. € hat Cineplex maßgeblich dazu beigetragen, dass in den zurückliegenden zwölf Monaten zahlreiche 3D Titel sehr erfolgreich ausgewertet werden konnten. Im Hinblick auf die weitere Digitalisierung des gesamten Kinoparks von insgesamt 450 Leinwänden hat Cineplex, nach dem offenbaren Scheitern eines Branchengeschäftsmodells, seine Bemühungen für eine alternative Finanzierungsform abgeschlossen. Nach intensiven Verhandlungen für Branchenmodelle und individuelle Lösungen
haben die Cineplex-Gesellschafter am 7. Juli 2010 beschlossen, mit XDC zunächst einen Letter of Intent zu unterzeichnen. Diesem Schritt zur vollständigen Systemumstellung liegt die feste Überzeugung zu Grunde, dass der Film auf der großen Leinwand auch in Zukunft ein einzigartiges
Erlebnis für die Kinobesucher darstellen wird.

Cineplex folgt damit auch der Empfehlung aller großen Filmverleiher, sich für die Digitalisierung mit einem Drittpartner vertraglich zu verpflichten. Umso irritierender wirken die Signale, die derzeit von der Verleihbranche und der Filmpolitik ausgehen. Angesichts der noch ausstehenden
Digitalisierungskosten für Cineplex in Millionenhöhe sowie dauerhaft höheren Betriebskosten, für die die Cineplex-Gesellschafter haften, muss der Erhalt des Geschäftsmodells Kino gewährleistet sein. Dieses Modell setzt darauf, dass ein Wille bei allen Marktteilnehmern erkennbar wird, der die exklusive Auswertung von Kinofilmen für wenigstens vier Monate sicherstellt. Bei einer weiteren Verkürzung des Auswertungsfensters oder gar dessen kompletter Abschaffung, die von manchen Verleihern sogar noch mit einer Erhöhung der Filmmiete einhergehen soll, wird nicht nur die erfolgreiche Auswertung von Kinofilmen untergraben, sondern auch die davon profitierenden, nachgelagerten Auswertungsmedien. Für Cineplex entsteht damit der Eindruck, dass die Filmverleiher kein Interesse mehr an der Digitalisierung der Kinos haben, wenn sie zu einem Zeitpunkt, von dem die flächendeckende Digitalisierung von der individuellen Risikobereitschaft der Kinos abhängt, der wirtschaftlich notwendigen Kinoexklusivität eine Absage erteilen. Die Forderung von Disney-Geschäftsführer Thomas Menne und Constantin-Vorstand Martin Moszkowicz nach einer Fensterverkürzung bis hin zu einem zeitgleichen Start von Kino und PayTV auf dem Filmwirtschaftsgipfel in Berlin lassen nur diesen Schluss zu.

Vor diesem Hintergrund stellt sich für viele Gesellschafter von Cineplex die Frage, ob eine Investition in die Digitalisierung zukunftssicher ist oder vielmehr ein existenzbedrohendes Risiko darstellt. Auch die Entscheidung von Filmpolitik und FFA, sogenannte Marktkinos erst dann finanziell zu unterstützen, wenn alle – also auch die letzten – Vorbehaltszahlungen und Verfahren zurückgenommen worden sind, bei gleichzeitiger Förderung der sogenannten Kriterienkinos, stellt ein weiteres Hemmnis zur Digitalisierung sowie zudem einen eklatanten Eingriff in die Wettbewerbsverhältnisse innerhalb der Kinobranche dar.
„Aus diesem Grund appellieren wir an die Filmverleiher und die Politik, das ihre zu tun, um uns in unseren Bemühungen zu unterstützen, die technisch notwendige Erneuerung zu stemmen. Wir sind nicht gewillt, derartige wirtschaftliche Risiken einzugehen, um dem Verleih zu signifikanten Einsparungen zu verhelfen, wenn dieser gleichzeitig uns die Geschäftsbasis entzieht,“ fasst Geschäftsführer Kim Ludolf Koch die Stimmung zusammen. „Vor allem erwarten wir von unseren Verleihpartnern daher ein eindeutiges Commitment zur Beibehaltung des Auswertungsfensters und vom Gesetzgeber eine Fensterfixierung auf sechs Monate bei geförderten Filmen. Wir werden mit allen Mitteln dafür kämpfen, dass die Geschäftsgrundlage für unsere Kinos bestehen bleibt“.

Nach der Kinopolis wartet auch die Cineplex-Gruppe nicht mehr auf politische Lösungen für eine Volldigitalisierung- und verschafft sich so einen deutlich besseren Ausgangspunkt für das Fortbestehen ihrer Häuser. Bleibt zu hoffen, dass die Early Adaptor nicht ihren Mut durch politische Weichenstellung oder strategisches Kalkül nachträglich teuer bezahlen. Das wäre ein großer Vertrauensbruch für die gesamte Branche.