Wie viel Geld benötigt ein Film an Produktionskosten? Derzeit kürzen die Majors die Budgets, reduzieren die Stoffentwicklung, verknappen das Angebot auf 10 Filme pro Jahr. Und die Schere klafft zwischen einem gigantischen Blockbuster-Budget für James Camerons „Avatar“ von 300 Millionen $ und deutschen Produktion um die 4 Millionen €. Immer wieder brechen erfolge aus dem klassischen Hollywood-Gefüge, so überraschte der SciFi-Streifen „District 9“ mit unerwartetem Boxoffice-Erfolg bei einem Lowbudget von nur 20 Mio $. Das überzitierte „Blair Witch Project“, brauchte nur 60.000 $, Darren Aronofsky drehte seinen brillianten Verschwörungsfilm „PI“ mit 50.000 von Freunden geliehenen Dollar. Was muss ein guter Film kosten?

All diese Beispiele werden vom gerade in den USA angelaufenen Horrorschocker „Paranormal Activity“ unterboten: gerade mal 11.000 $ soll der Film gekostet haben. Das ist für amerikanische Verhältnisse kein Low-Budget, das ist Micro-Budget. Die digitale Produktion hilft sicherlich an der Verschlankung der benötigten Etats: digitale Kameras werden geliehen, Montage und Postpro erfolgen an handelsüblichen Rechnern, die Distribution verzichtet auf teure analoge Kopien, sondern bestückt die digitalen Kinos mit weiterschickbaren Festplatten oder Datentransfers. Sicherlich sind dort keine Lohnkosten enthalten (oder alle arbeiten auf Rückstellung), daher bezieht sich diese Ziffer nur auf Material und Equipment.

paranormal

Doch stand der Film zunächst unter keinem guten Stern. Das 2007 gedrehte Werk von Regisseur Oren Peli, israelischer Videospiele-Designer, sollte zunächst als DVD-Beileger erscheinen- von einem Remake, dass Paramount Peli selber drehen lassen wollte. Aber die Finanzierung war wackelig, das Projekt kam in die Schublade. Die L.A. Times berichtet davon, dass Steven Spielberg eine verfluchte Filmkopie bekommen haben sollte (was mich stark an „The Ring“ erinnert)

It was early 2008, and the director’s DreamWorks studio was trying to decide whether it wanted to be a part of the micro-budgeted supernatural thriller. As the story goes, Spielberg had taken a “Paranormal Activity” DVD to his Pacific Palisades estate, and not long after he watched it, the door to his empty bedroom inexplicably locked from the inside, forcing him to summon a locksmith.

While Spielberg didn’t want the “Paranormal Activity” disc anywhere near his home — he brought the movie back to DreamWorks in a garbage bag, colleagues say — he very much shared his studio’s enthusiasm for director Oren Peli’s haunting story about the demonic invasion of a couple’s suburban tract house.

Doch dann wagt Paramount fast zwei Jahre nach Fertigstellung des Films einen interessanten Schritt: sie bringen den ursprünglichen Film (nicht das Remake) als kostenloses Mitternachtsscreening in verschiedenen Großstädten und College-Regionen auf den Markt- mit dem Hinweis, dass per Online-Demand-Service weitere Aufführungen eingefordert werden können. Außergewöhnlich und kostensparend ist diese Verbreitung des Films: man verzichtet darauf den Film mit tausenden Kopien in den ganzen USA auszurollen, stattdessen zeigt man ihn da, wo er nachgefragt wird: Kino on demand kommt zum Einsatz. Auf der Webseite Eventful kann man für seinen Stadt stimmen, um ihn ins heimische Kino zu holen. Ganz vorne stehen, nicht weiter verwunderlich,  Los Angeles, New York und Chicago. Abstimmen geht schnell, für Berlin gibt es auch schon 54 Demander. Plus 1. Ist das die Zukunft der Filmdistribution? Ich denke, da wird sich in den nächsten Jahren noch einiges verändern.

Der Film wird aufgrund des guten Feedbacks zum Hype, dabei ist die Story ist nicht wirklich bahnbrechend neu: ein sorgenfreies Pärchen wird von einem geisterhaften Dämon heimgesucht, der technikbegeisterte Mann will die übernatürlichen Aktivitäten mit seiner Kamera filmen. Der Zuschauer bekommt diese hübsche Mockumentary-Mischung verwackelter Kameras, die Authentizität vortäuschen. Erinnert natürlich an „Blair Witch Project“ und den spanischen Horrrofilm „REC“. Auch letzterer warb mit einem Trailer mit Nachtsichtaufnahmen der Festivalzuschauer beim Betrachten des Films. Auch „Paranormal Activity“ erzeugt wunderbare Reaktionen- und wenn ihr mich fragt: die Leute sehen eine Spur ängstlicher, verstörter und geschockter aus, also sonst. das finde ich bemerkenswert, da nach den ganzen Tortureporn-Movies wie Saw und Hostel das Fachpublikum eigentlich hartgesotten sein dürfte. Aber seht selbst:

Wir werden uns in Deutschland noch bis zum 21. Januar 2010 gedulden müssen, bis der Film in unseren Kinos läuft. Dem Hype sei Dank können auch die Fans in Deutschland den Film schon ab dem 19. November 2009 sehen, der Filmstart wurde gut 2 Monate vorgezogen. Mehr über den Film auf der offiziellen Filmwebseite. Unter dem Aufruf Tweet your Scream schicken Kinobesucher ihre Tweets über den Film auf das Portal- was gibt es besseres als Mundpropaganda? Den Twitteraccount findet ihr unter @tweetyourscream, die Facebookseite unter facebook.com/paranormalactivity.

Zusammen mit der Bayerischen Staatskanzlei hat der FFF für Bayern als erstes Bundesland ein Sonderprogramm zur flächenweiten Umrüstung auf die digitale Kinotechnik gestartet. Hierzu stellt der Freistaat Bayern pro Jahr 1 Mio. Euro zur Verfügung. Bewilligt werden Investitionszuschüsse für 2K-, 4K- oder 3-D-Projektionssysteme. Kinobetreiber, die ein Filmtheater in Bayern betreiben, können erstmals bis zum 31. Oktober 2009 Anträge für die Umrüstung stellen.

Die Besucherzahlen im Kinojahr 2009 sind so hoch wie lange nicht mehr und trotzen der allgemeinen Wirtschaftskrise. Der Erfolg basiert auf einer Vielzahl attraktiver Filme, mit den Tophits „Ice Age 3“ und „Harry Potter und der Halbblutprinz“ und einem Boom des digitalen 3-D-Kinos, das in immer mehr Kinosälen angeboten wird. Angesichts dieser Entwicklung und den bevorstehenden Starts weitere 3-D Kinohits wie die Pixar-Produktion „Up-Oben“ oder „Avatar“ von „Titanic“-Regisseur James Cameron investieren immer mehr Kinobetreiber in die digitale Kinotechnik ab 2K-Projektionssystemen, die von den Studios in Hollywood als Standard für die künftige Herausbringung ihrer Filme festgelegt wurde.

fff bayern

„Wir gehen davon aus, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre die meisten Kinosäle auf digitale Projektionstechnik umgerüstet werden. Mit dem Einzug der neuen Technik wird der Kinobesuch zu einem noch attraktiveren Freizeit- und Kulturerlebnis, insbesondere bei 3-D Filmen, mit denen die Betreiber auch höhere Umsätze erzielen. Da bisher innerhalb der Branche kein einheitliches Finanzierungsmodell verabschiedet wurde, ist das FFF Fördermodell vor allem eine Unterstützung der Kinobetreiber, die im Moment das wirtschaftliche Risiko der Investition weitestgehend alleine tragen“, so FFF Geschäftsführer Prof. Klaus Schaefer. „Sobald ein bundesweites Finanzierungsmodell verabschiedet wird, kann dieses auch mit dem FFF Zuschuss kombiniert werden“.

In Bayern gibt es derzeit 300 Filmtheater mit fast 800 Leinwänden, darunter rund 100 Programmkunstsäle. Über die Hälfte der Filmtheater befinden sich in Orten unter 50.000 Einwohner abseits der Ballungsräume. Das neue Förderprogramm ist vor allem für mittlere und kleinere Betriebstypen mit bis zu sechs Kinosälen ausgerichtet. Für Programmkunsttheatern gibt es einen zusätzlichen Bonus.

FFF-Aufsichtsratsvorsitzender Staatsminister Siegfried Schneider: „Der Erhalt des flächendeckenden Kinobestands ist ein wichtiges Anliegen der bayerischen Filmförderpolitik. Der Freistaat hat deswegen rechtzeitig ein Programm zur Förderung der Umrüstung auf die digitale Kinotechnik initiiert, damit auch in Zukunft die bayerische Kinolandschaft hinsichtlich Ausstattung als auch Programmangebot attraktiv bleibt. Filmtheater sind mehr als nur Abspielstätten, sie haben eine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Funktion und sind gerade in kleinen und mittleren Orten eine wichtige Bereicherung für das Freizeit- und Kulturangebot.“

Die detaillierten Richtlinien und Fördervoraussetzungen für das neue Sonderprogramm sind in einem eigenen Merkblatt zusammengestellt, das zusammen mit dem Antragsformular auf der FFF Homepage zum Download bereit steht. Ansprechpartnerin für das Digitalisierungsprogramm beim FFF Bayern ist Filmtheater-Referentin Birgit Bähr.

Quelle: FFF Bayern

Ein flächendeckender Rollout des Digitalen Kinos hat in Deutschland noch nicht begonnen. Und doch kommt die Umstellung in Schwung: von 30 digitalen Leinwänden Ende 2008 hat sich die Anzahl zum Ende des ersten Quartals 2009 auf 45 Leinwände erhöht, zum heutigen Stand existieren in Deutschland 59 digitale Leinwände. Eine flächendeckende Umstellung der rund 5000 Leinwände in Deutschland soll in einem Zeitraum von fünf Jahren erfolgen. Eine Übersicht als Landkarte erhaltet ihr auf der Seite Digitale Leinwände.
Kinobetreiber müssen sich entscheiden, ob sie direkt auf digitale Inhalte umschwenken oder einen Hybridbetrieb mit digitaler und analoger Technik fahren wollen. Mit aktuellem Stand können die Verleiher augenscheinlich Neuerscheinungen mit digitalen Content liefern, da es bereits reine digitale Kinos gibt. Natürlich ist bei der Menge der herkömmlichen Kinos der Großteil der Filmkopien weiterhin analog. Kinos mit Filmreihen älterer Filme müssen sorgfältig planen, da eine Verfügbarkeit des gesamten Backkataloges noch nicht absehbar ist.
Ich sehe bei der Umstellung vor alle zwei Probleme: zum einen die Finanzierung, zum anderen die Unsicherheit und Unkenntnis gegenüber der Technik. Die Zukunft Kino Marketing (ZKM) hat im August 2008 die digitale Roadshow durchgeführt, um Kinobetreibern mal die Technik zu demonstrieren, Fragen zu beantworten und den Dialog zu starten. Dies ist sicherlich ein wichtiger Schritt gewesen, vor allem für die Kinobetreiber, die nur unter Protest die dunkle Abgeschiedenheit ihres Vorführraums verlassen.
Das größte Problem bleibt die Finanzierung: es gehört nicht nur die Anschaffung eines digitalen Projektors zur Umrüstung, sondern auch eine komplette Anpassung der Hintergrundsysteme. So wird zum Beispiel ein Server benötigt, eine Netzwerkinfrastruktur muss verlegt werden und der Vorführraum klimatisierbar sein, mitunter ist eine neue silberbeschichtete Leinwand erforderlich. Insgesamt rechnet man an Kosten pro Leinwand (also nicht für jedes Kino, sondern für jeden Saal) etwa 70.000 Euro. Dies können die meisten Kinobetreiber nicht mal eben aus der Portokasse zahlen. Die Verbände haben zusammen mit den Verleihern ein Modell zur Finanzierung entwickelt, das sogenannte 100er-Modell. Damit soll die Umstellung aller Leinwände in Deutschland ermöglicht werden, die Kosten teilen sich der Kinobetreiber, die Filmverleiher und der Staat. (Über das 100er Modell gibt es in den nächsten Tagen noch einen ausführlicheren Artikel.)

Bisher sind als nur etwa 1,2% aller Kinoleinwände digital. Letztlich geht es bei der Digitalisierung nicht nur um das Erschließen neuer Märkte, sondern auch um das Überleben einzelner Kinos. Der Zeitpunkt des Markteintritts bestimmt die Möglichkeiten es Wettbewerbsvorteils, ist aber auch an die potentiellen Risiken gekoppelt. Dem Fortschritt des Kinos zu seiner digitalen Form wird man sich letztlich nicht verweigern können. Es wird eine Frage der Zeit sein, bis sich digitale Filme als ausschließlicher Content etabliert haben. Auch wenn der Zeitpunkt der flächendeckenden Versorgung ungewiss ist, die Zukunft des Kinos ist digital.