INLINECLEANER: Super 8-Schätze retten mit Open Source- Hardware
Wer Super 8-Schätze auf dem Dachboden hortet, kämpft gegen Staub und Schmutzpartikel auf den Filmrollen. Bevor es an die Digitalisierung des Schmalfilms geht, muss er gereinigt werden. Die FilmRetter haben ein Gerät entwickelt, dass die mechanische Reingung übernimmt. Das beste daran: Bauplan und Anleitung für den sogenannten InlineCeaner stellen sie als Open Source zur Verfügung.
Ein Format für Kenner: Super 8
Die kleine Schwester des analogen Kinos war der Super 8- Film: Kodak wollte mit dem im Jahr 1965 veröffentlichten Schmalfilm den Heimmarkt erobern: private Feste, Urlaubsreisen, Hochzeiten, besondere Anlässe, alles wurde auf dem kleinen Film festgehalten. Ein kleiner Projektor und die passende handliche Kamera gehörte natürlich zur notwendigen Ausrüstung. Erst Mitte der 80er Jahre wurde Super 8 in seiner Bedeutung vom Videofilm abgelöst. Neben den eigenen gedrehten Filmen gab es für Super 8 auch fertige Filme zu kaufen. Wen wundert es, für pornografische Filme hatte das Format eine erhebliche Bedeutung, das YouPorn von damals war noch eine Privatvorführung mit Filmvorführer-Qualitäten. In den Schulen kamen Dokumentar- und Lehrfilme auf Super 8 zum Einsatz. Es gab auch Zusammenschnitte von besonderen Events wie der Fußball-Weltmeisterschaft. Aus heutiger Sicht skurril, damals aber sehr geschätzt waren die Super 8- Fassungen von populären Spielfilmen. Das war ein bisschen wie kleines Kino zu Hause, allerdings waren die Filme oft auf eine Filmlänge von 120 Metern gekürzt, was einer Spielzeit von rund 25 Minuten entsprach. Aus Spielfilmen wurden Kurzfilme, seltener waren Filme auf mehrere Rollen verteilt. So konnte man sich die erste STAR WARS-Trilogie von George Lucas mal eben in 90 Minuten komplett ansehen. Aber natürlich nicht werktreu. Heute eigentlich undenkbar.
Auch Regisseure wie Steven Spielberg und J.J.Abrams begannen ihre Karriere mit Super 8, letzterer setzte dem Schmalfilm-Format mit dem gleichnamigen Film 2011 noch ein kleines Denkmal. 1997 drehte Regisseur Jim Jarmusch mit YEAR OF THE HORSE die erste kommerzielle Dokumentation auf Super 8- Film, eine Betrachtung von Neil Young und seiner Band The Crazy Horse. Heute ist Super 8 ein Liebhaber-Format, das bei Filmemachern für seine Körnigkeit geschätzt wird. Bei Filmeguckern gibt es natürlich ebensolche Liebhaber, in Berlin zelebriert Jörg Maske den Schmalfilm in 8 und 16mm in einem exklusiven Heimkino, dem „Jörg Palast“.
Film-Retter entwickeln Open Source-Reiniger
Aber nicht nur Filmemacher haben Schätze auf dem Dachboden, auch in so manchem Privathaushalt schlummern verstaubte Kisten mit Super 8- Filmen und warten auf ihre Wiederentdeckung. Leider leidet das analoge Filmmaterial unter den Lagerbedingungen: Staub und Schmutzpartikel lagern sich auf dem Filmstreifen ab, dazu kommen noch Emulsionssplitter. Alles schlägt sich negativ auf die Bildqualität und den Filmeindruck nieder.
Die Film-Retter, ein Digitalisierungs-Dienstleister aus Neunkirchen-Seelscheid, hatte da eine grandiose Idee, die sie auch noch mit der Allgemeinheit teilen. Sie haben ein mechanisches Gerät zur Reinigung von Super 8 – Filmen konstruiert, mit dem man Staub und Schmutzteilchen zu Leibe rückt. Das schlaue Helferlein nennt sich InlineCleaner und dient der Trockenreinigung. Aus größtenteils handelsüblichen Bauteilen sowie ein paar via 3D-Druck speziell angefertigten Elementen besteht die Reinigungsmaschine, die sich einfach mit dem Super 8-Projektor verbinden lässt. Der Film läuft von seiner Spule durch den Projektor und wird über den InlineCleaner umgeleitet. Zuerst durchläuft er zwei antistatische Bürsten, die geerdet sind, damit sich der Film statisch entladen kann. Denn ihr kennt das von den Luftballons am Wollpullover: was statisch aufgeladen ist, bleibt auch haften. Das gilt genauso für Schmutzpartikel und Fussel. Hinter den Bürsten sitzt ein Lüfter, der Partikel vom Film herunterpustet. Was sich an hartnäckigen Teilchen festgesetzt hat, wird anschließend von zwei rotierenden Fellrollen mechanisch gereinigt.
Wie das funktioniert, zeigt dieses Video über den InlineCleaner:
Die Baupläne wurden als Open Source Hardware freigegeben. Das bedeutet, dass man den Bauplan kostenfrei herunterladen kann. FilmRetter-Inhaber Martin Schneider lädt aber auch alle Schmalfilm-Fans und Tüftler ein, das Gerät zu modifizieren und zu verbessern. Die einzelnen Bauteile werden vorgestellt, Funktion, Preis und Bezugsquelle genannt. Eine detaillierte Bauanleitung hilft bei der Montage. Auch wenn eine Feuchtreinigung noch effektiver wäre, leistet der InlineCleaner gute Arbeit, wie dieses Vorher/Nachher-Video zeigt:
Aber ihr wisst alle, dass die Reinigung der Super 8- Filme nur die Hälfte der Arbeit ist. Wer seine Filmschätze wirklich für die Zukunft bewahren will, sollte sie digital umwandeln. Auch dafür haben Die FilmRetter eine Lösung, hier könnte ihr alte Super 8 Filme digitalisieren lassen. Auf dass sich möglichst viele ehemals verstaubte Schätze aus den Archiven schon bald im neuen Glanz auf DVD, Blu-ray oder YouTube wiederfinden!
Bilder © Shutterstock/ Guenter Albers (1), FilmRetter (2) · Alle Rechte vorbehalten.
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