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Werner Herzog dreht 3D-Dokumentation über die Höhlenmalerei von Chauvet-Pont-d'Arc

Deutsche Regisseure entwickeln derzeit alternative stereoskopisches 3D-Projekte für das Kino. Mit modernster Technik experimentieren sie jenseits von Family-Entertainment und Actionkino mit den neuen Möglichkeiten der Bildsprache, gestalten das Feld des 3D-Autoren-Kinos mit ihren Visionen. Wie bekannt, fällt heute die letzte Klappe zu PINA, dem Tanzfilm in 3D von Wim Wenders über das Werk der verstorbenen Choreografin Pina Bausch. Und ich bin neugierig und glücklich über das nächste künstlerische 3D-Projekt: Regisseur Werner Herzog dreht einen 3D-Film über die Höhlenmalereien von Chauvet-Pont-d’Arc.

Die Höhle von Chauvet befindet sich in Südfrankreich im Flusstal der Ardeche nahe der Kleinstadt Vallon-Pont-d’Arc. Die erst 1994 entdeckte Höhle enthält über 500 Wandbilder mit gemalten und gravierten Tier- und Symboldarstellungen. Der gute Zustand ist einem plötzlichen Verschluss des Höhlenzugangs durch eine herabstürzende Felswand zu verdanken. Mit Hilfe der Radiokohlenstoffmethode konnte das Alter der Malereien auf eine Spanne von 25.000 und 33.000 Jahren bestimmt werden. Damit handelt es sich um die ältesten bekannten Höhlenmalereien weltweit.

Die Höhle ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, um die Malereien vor äußeren Einflüssen wie Pilzbefall (und Touristen) zu schützen. Forscher dürfen die rund 240 m tiefe, 100 m breite und bis zu 60 m hohe Höhle nur streng überwacht und in zeitlichen Abständen untersuchen.

Pferdedarstellungen aus der Chauvet-Höhle

Die in Naturfarben gemalten Darstellungen bestechen durch ihre vollendete Form und Ausgestaltung. Die Maltechnik weist bereits das Gestaltungsmittel wie Perspektive, verdoppelte Umrisse und Verwischungen auf. Zusätzliche Lebendigkeit erhalten sie anhand von Plastizität durch die Einbeziehung des Felsreliefs.

Regisseur Werner Herzog dürfte den meisten ein Begriff aus der gemeinsamen Arbeit mit Klaus Kinski sein, manche kennen auch den Kurzfilm, wo er seinen Schuh aufgrund einer verlorenen Wette mit Errol Morris aß (kann man sich hier ansehen). Zuletzt war sein Film „Bad Lieutenant“ bei den 66. Filmfestspielen von Cannes und in unseren Kinos zu sehen.

Nun widmet er sich in seinem neuen Filmprojekt den Höhlenmalereien in Südfrankreich mit großen Plänen. Den Höhlenmalereien wohnt ein ganz besonderer Reiz inne. Nicht nur die Erinnerung an eine archaische Vergangenheit, sondern vielleicht auch an die Geburtsstunde des Kinos. Die Illustration von Kämpfen zwischen Mensch und Biest ist der Ursprung der der epischen Heldensagen. Festgehalten in gemalten Geschichten, die im Schein von flackerndem Feuer zum Leben erwachen. Dieses möchte er im Film mit einem seiner größten Momente der Filmgeschichte in Verbindung bringen- den mit Schatten tanzenden Fred Astaire (im Video zu Minute 5:00 springen):

Und Herzog möchte das Filmprojekt in stereoskopischem 3D umsetzen. Eine Dokumentation , die das Werk in der Höhle zeigt, aber auch Talking Heads mit den Wissenschaftlern über deren Arbeit. Die Dreharbeiten sind sehr limitiert: in der Höhle sind nur Kaltlicht-Scheinwerfer möglich, es kann nur mir einer 3D-Handkamera gefilmt werden. Dazu kommt die zeitliche Limitierung für den Aufenthalt innerhalb der Höhle, nur wenige Stunden Drehzeit sind möglich. Und wer bereits in 3D gefilmt hat, weiß, das die Ds für „Dauert, Dauert, Dauert“ stehen. Trotz der Begeisterung für 3D für sein Projekt ist er skeptisch, ob sich die Tiefendimension für alle Filme durchsetzen wird. Bedingt durch die natürliche Sehdominanz eines Auges, die selektive Trägheit, mit dem man seine Umwelt mit nur einem Auge sieht, gibt es keine permanente Notwendigkeit für Tiefe und Raum. 3D funktioniert auf der Leinwand sehr gut in großen optisch-basierten Filmen. 3D habe etwas von Feuerwerk, es ist schön und beeindruckend für den Moment.

Es gibt zwei Videos, in denen Werner Herzog über sein Filmprojekt spricht und die euch natürlich nicht vorenthalten möchte. Gefilmt wurden sie von Roger Ebert auf der 2010 Conference on World Affairs an der University of Colorado at Boulder.

Was Herzog in der Höhle sah:

Herzog über das Alter der Höhle:

Ich bin absolut begeistert von diesem spannenden Projekt! Abgesehen von der technischen Logistik vollständiges 3D-Equipment durch einen fast senkrecht verlaufenden Schacht in eine Höhle zu transportieren, führt uns das Kino wieder zu Orten, die viele Menschen niemals selber betreten können. Zwar führt uns die Illusion der Computertechnik auf fremde Planeten, alles ist möglich. Und doch gibt es noch immer unzählige mystische Orte auf der Welt, die unentdeckt oder kaum bekannt sind. Und ich bin dankbar, diese irgendwann mit meinen Augen auf der großen Leinwand erleben und bestaunen zu dürfen.

Mehr Informationen über die Höhle gibt es auf der offiziellen Webseite.

Foto Werner Herzog © erinc salor, Videos von Roger Ebert

3 Kommentare
  1. Christian
    Christian sagte:

    Ich kann dem „die Höhle ist leider für die Öffentlichkeit nicht zugänglich“ nicht zustimmen. Zum Glück ist diese Höhle nicht dem Tourismus geöffnet worden. Nicht alles darf und muß vermarktet werden, nicht alles für die breite Öffentlichkeit in greifbare Nähe rücken. Diese Malereien haben jahrtausende überlebt und sollen dies auch weiterhin dürfen, damit auch weitere Generationen noch etwas davon haben. Meiner Meinung nach sollten z.B. auch die Galapagos-Inseln dem Tourismus vollständig entzogen werden. Der Mensch muß nicht überall seine Finger hin ausstrecken.

    Antworten
    • Gerold Marks
      Gerold Marks sagte:

      Oh, das war dann missverständlich formuliert. Ich bin auch sehr froh, das man mit diesem Fund so strikt umgeht, und die Horden von Touristen draußen lässt. Bei jedem Museumsbesuch staune ich über die selbstsüchtige Ignoranz mancher Gäste, denen das Kunstwerk egal ist, Hauptsache sie haben ein geblitztes Handyfoto. Und ich will nicht aus Ägypten erzählen, wo Reiseführerinnen jahrtausendealte Hieroglyphen mit dem Regenschirm nachkratzen.
      Umso mehr freue ich mich auf das Erleben der Höhlenmalereien auf der großen Leinwand. 🙂

      Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag!

      Antworten

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