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In den USA folgt derzeit Messe um Messe. Bis gestern lief die SIGGRAPH 2009 (Special Interest Group on Graphics and Interactive Techniques) in New Orleans. Die japanischen Shinoda Labs rund um das Forscherteam von Takayuki Iwamoto präsentierten dort erstmals ein taktiles, also fühlbares Hologramm.

Dafür wurden Provision-Projektionsschirme mit dem Airborne Ultrasound Tactile Display kombiniert. Das Provision-System projiziert Objekte mit Hilfe eines LCD-Bildschirms und eines konkaven Spiegels in den Raum. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um ein Hologramm, sondern nur um ein schwebendes projiziertes Objekt, aber das soll an dieser Stelle vernachlässigt werden.

Das Airborne Display bietet ein fein ansteuerbares Array von Ultraschall-Punkten. Durch den Schalldruck lassen sich fühlbare Reize ganz ohne mechanische berührende Komponenten erzeugen. Die räumliche Verteilung des Drucks hängt vom Brennpunkt ab, und kann über Phasenverzögerung und Amplitude der akustischen Wellen gesteuert werden. Den virtuell erzeugten Objekten kann man so ein Gewicht und damit eine Stofflichkeit geben, die Berührung vortäuscht.

Um die Position im Raum bestimmen zu können, werden die mit Infrarotkameras versehenen Wii-Motes eingesetzt. Die im Filmbeispiel gezeigte Hand ist mit einem reflektierenden Marker versehen, die nicht sichtbares (so genanntes diskretes) Infrarotlicht einer Leuchte zurückwirft. Anhand dieser Daten lässt sich die Position des Markers – und damit der Hand- mit Hilfe eines Handtracking-Systems recht genau bestimmen.

Stimmt nun die Position der Hand mit der Lage des virtuellen Objektes überein, wird mit den akustischen Wellen Druck an den jeweiligen Berührungspunkten erzeugt: Der User ist in der Lage, das virtuelle Objekt zu ertasten. Im Film ist dies anhand eines Balls, fallenden Regentropfen und einem kleinen Elefanten veranschaulicht.

Wer sich für die technischen Details und Parameter  interessiert, sollte sich das Abstract ansehen.

Nicht nur 3 Dimensionen werden im Kino eingesetzt, mitunter sind auch 4D-Kinos zu erleben. Vor allem Vergnügungsparks bieten diese Attraktion an, wo neben einem stereoskopischen Film auch Effekte wie Bewegung, Temperatur, Stromkitzeln, Berührungen durch Stofflappen oder Wasserspritzer die Filmhandlung aufgepeppen. So ein berührungsloses, durch Schalldruck gesteuertes System wäre natürlich eine Sensation, vornehmlich für das effektorientierte Genrekino. Wenn die Objekte nicht nur aus der Leinwand herausragen, sondern auch noch die Illusion einer Berührung schaffen, dürfte der Grad der Immersion weiter ansteigen. Und man stelle sich eine Schlägerei auf der Leinwand vor, bei der auch mal ein leichter Luftdruck-Schlag in Richtung Zuschauer geschickt wird. Mittendrin statt nur dabei. Aber keine Sorge, die Kosten für ein solches System sind viel zu hoch, als dass sie nächstes Jahr massenhafte Verbreitung im Kino finden würden. Zudem wären einzelne Sitzplätze in einem großen Kino schwer anzusteuern. Aber die Anfänge sind gemacht. 🙂

Und hier das Demovideo des Systems:

Wenn man zusammen ein Lexikon schreiben kann (Wikipedia), kann man auch durch Crowdsourcing Filme erstellen. Genau das hat Yair Landau, einst Leiter der Digitalfilmsparte bei Sony, mit dem CGI-Kurzfilmprojekt „Live Music“ jetzt bewiesen. Der Neologismus Crowdsourcing beschreibt die Auslagerung auf die Intelligenz und die Arbeitskraft einer Masse von Freizeitarbeitern im Internet. Amateure mit Liebe zum Projekt erarbeiten die zu verwendenen Ergebnisse. Und so wurde der 5-minütige Kurzfilm wurde nicht durch ein klassisches Studio, sondern durch Einzelpersonen realisiert, die sich über die Facebook-Plattform vernetzten. Mehr als 50.000 Menschen aus 101 Ländern registrierten sich auf der Seite, 17.000 luden die erforderliche Software herunter.

massanimationDer Plot ist eine recht klassische Romeo-und-Julia-Geschichte mit unterschiedlichen Musikinstrumenten als Charaktere.  Das vorgebene Film-Drehbuch wurde in viele kleine Sequenzen unterteilt. Zwei Monate hatten die Teilnehmer Zeit, um aus den Vorgaben eigene Szenen zu entwickeln. Im wöchentlichen Rhythmus konnten die User dann über die besten Resultate gemeinsam entscheiden, die Gewinner erhielten kleine Belohnungen, beispuelsweise vom Hardware-Partner Intel. Die finale Auswahl der Szenen traf hingegen eine professionelle Jury: die besten 51 Schnipsel wurden herausgesucht und zusammengefügt- der Film ist fertig! Als Preis bekam jeder der 51 Animatoren einen Betrag von 500 Dollar, außerdem wird ihr Name im Abspann erwähnt.

Landau nennt das Mass-Animation-Verfahren „Einen eindeutigen Schritt in Richtung Demokratisierung des kreativen Storytelling“. Doch findet das Projekt nicht nur Freunde: Zwar haben die 51 Gewinner jeweils 500 Dollar für ihren Beitrag erhalten, im Vergleich zu den Produktionskosten von einer Million Dollar sind diese 25.500 Dollar sozialabgabenfreie Lohnkosten natürlich nur ein Bruchteil. Neben der „Ausbeutung“ der Teilnehmer wird das Zerstören der Animationsbranche beklagt. Solch ein Lohnpreisdumping kann natürlich kein professionell arbeitendes Filmstudio unterbieten. Für die Teilnehmer des Projektes ist es aber sicherlich ein Sprungbrett für weitere Projekte. Auch die prominente Platzierung von Intel wird kritisiert. Intel drängt immer wieder als Hardware- und Renderingpartner in das Feld der CGI-Filme, konkurrierend zu Pixars „Renderman“. Das mag zum Gefühl des kollektiven Filmemachens nicht passen, doch liefert der Computerriese nicht nur das Budget, sondern auch die Technik und eben die Rechenleistung.

Ob die Qualität des Films den heutigen Sehgewohnheiten in Sachen Animationsgeschick, professionellem Look und tragfähiger Geschichte reicht, wird wohl jeder selbst beurteilen müssen. „Live Music“ wird im August auf der SIGGRAPH 2009 uraufgeführt und läuft als Vorfilm des 3D-Films „Planet 51“, der bei uns am 3.12.2009 im Kino startet. Landau hat bereits neue Pläne für einen abendfüllenden Spielfilm.

Hier geht es zur Mass-Animation-Seite auf Facebook. Und natürlich gibt es noch den Werbeteaser zum Kurzfilm: