Seit letzten Donnerstag könnt ihr das erfolgreiche CGI-Abenteuer „ICH – Einfach unverbesserlich“ in den Kino sehen. Natürlich kommen die Superschurken hochtechnisiert in bestem stereoskopischen 3D zu uns. DigitaleLeinwand.de interviewte den Hip-Hop-, Reggae-, Soul- und Funk-Musiker Jan Delay, der als stylischer Superschurke Vector den größten Gaunercoup der Menschheit landen will. Nachdem ihr gestern alles über seine Rolle als Superschurke und Synchronsprecher, über Moral, böse Banker und StreetCredibility lesen konntet (kann man hier nachlesen), spreche ich in diesem Teil des Interviews mit Jan Delay über seine 3D-Erfahrungen, Freundschaft, Rocker-Biographien und über anstehende Musikprojekte Solo, mit den Beginnern und La Boum!
Derzeit gibt es eine Schwemme von 3D-Filmen in den Kinos. Was ist das spannende am 3D in „ICH – Einfach unverbesserlich“?
Als ich das zugesagt habe, wusste ich noch gar nicht, dass es ein 3D-Film ist. Wenn ich nachher den Film in Kino in 3D sehe, dann ist das auch das erste Mal dass ich überhaupt einen 3D-Film sehe. Ich habe es überhaupt noch nicht geschafft wegen diesem anstrengenden Jahr. Genau in diesem Jahr kamen die ganzen 3D-Filme ins Kino, ich hab es einfach nicht geschafft. Dabei wollte ich unbedingt AVATAR sehen. Egal was man jetzt davon hält, ich wollte es einfach selber sehen. Meine bisherige spärliche 3D-Erfahrung beschränkt sich auf „Tutti Frutti“:
Demnächst spielen die Fanta 4 das welterste 3D-Live-Konzert im Kino, wäre das auch für Dich als Musiker denkbar?
Würde ich mir auf jeden Fall angucken! Aber ich will sowas auch in der bestmöglichen technischen Begebenheit sehen, und nicht zu Hause mit dieser blöden Brille. Ich will dann auch im Kino sitzen. Dann würde ich mir auch ein Fanta-Konzert ansehen. Um eben diese neue dritte Ebene ansehen.
In Animationsfilmen wird immer gesungen und getanzt, wir hatten ein bisschen HipHop, wir hatten Boogie- wo blieb der Funk? Und natürlich Frage von allen Fans wann gibt es eine neue Platte von den Beginners und wann hören wir wieder was von La Boum?
Ah okay, ich glaub nicht, dass alle Fans nach einer neuen La Boum-Platte fragen, da es nur wenige kennen. Aber der Plan ist folgernder: Kaspar und ich haben jetzt endlich ein neues Studio, das hatten wir die letzten 2-3 Jahre nicht. Die letzte Platte haben wir auch in vielen Studios gemacht, die nicht unsere eigenen waren. Nach dem Jahr Tour und Interviews und Schnickschnack will ich mich ein Jahr lang einschließen. Wir touren im Januar noch einmal, aber ansonsten werde ich nicht spielen im nächsten Jahr, ich werde nur Musik machen. Ohne auf irgendwas hinzuarbeiten, einfach nur Musik machen. Was mir Spaß bringt, alle möglichen Genres und dann will ich irgendwie 40 Songs haben. Dann werden wir gucken, was macht am meisten Spaß und Sinn um daraus ne Platte zu machen. Und genauso will ich auch mit Dennis und Guido, also den Beginnern Musik machen, einfach Musik machen. Ohne Radios, ohne Vorverkäufe, ohne Unternehmen, ohne Videos. Einfach nur aus Spaß an der Freude.
Gehst Du in der Musik nochmal in eine neue Richtung?
Das kann gut passieren. Ich wird es auf jeden Fall probieren, weil ich ganz viele Ideen im Kopf habe, mit denen ich schon langer schwanger gehe: Und das werde ich auch ausprobieren. Aber ich bin auch der erste, der sagt: Hey nö, das war ne schöne Idee, aber das macht keinen Sinn.
Nervt der Erfolg manchmal?
Ja, es ist schon nervend, nicht der Erfolg, der ist schön, aber der Rattenschwanz des Erfolges, der nervt manchmal. Weil man eben nicht dazu kommt sich einzuschließen und Musik zu machen. Dann ist wieder das und wieder jenes. Und weil man ja selbstständig ist und sein eigener Chef. Ich hab mir ja auch nicht umsonst irgendwie anderthalb Jahre für die letzte Platte den Arsch aufgerissen, dann will ich auch, dass sie jeder hört, dann ergreife ich natürlich auch die Möglichkeit um es nochmal dem hinterletzten klar zu machen, dass es ne geile Platte ist, aber man kommt nicht mehr dazu neue Sachen zu machen. Deshalb freue ich praktisch schon seit einem halben Jahr drauf endliche Medienpause zu machen, Ruhe zu haben und im Studio Musik machen zu können.
Wie hältst Du Kontakt zu Deinen vielen Freunden, ist das überhaupt möglich?
Nee, das schaff ich Gott sei Dank soweit. Das war auch so eine Sache, wo ich nach einem halben Jahr gesagt hätte, so, jetzt ist hier Schluss, egal ob man noch Leute auf die Platte aufmerksam machen kann oder nicht, ich will Privatleben. Das Gute bei mir ist, dass ich das schon so lange mache, viele meiner Freunde machen das gleiche wie ich. Da gibt es keine Animositäten wie „Du bist der große Star“, da muss man überhaupt nicht drüber reden. Und auch wenn ich auf Tour oder die ganze Zeit unterwegs bin, meine Begleiter sind Freunde von mir. Zum Teil meine besten Freunde, und es ist nicht so, dass sie sich anders geben. Kaspar von La Boum, mit dem ich zusammen auch meine Musik mache, mischt auch meinen Sound live. Er ist einer meiner besten Freunde seit wir 12 sind. Da gab es noch keine Musik in dem Sinne. Es ist auch nicht so, dass der Zweck die Mittel heiligt, man sucht sich im Alter von 14 der 15 Jahren Freunde die wie man selbst auch völlig auf Musik oder HipHop ist. Freunde, die sich für solche Dinge interessieren, und dann geht man seinen gemeinsamen Weg.
Natürlich hab ich auch Freunde die früher gerappt haben, und jetzt Hartz4 sind oder auch Chirurg. Aber mit denen kam ich immer gut aus. Da muss man auch nix verstellen. und da ist auch nichts anders, das macht eine wahre Freundschaft aus. Ich hab das Glück, dass es solche Leute gibt und solche als Freunde zu haben.
Suchst Du im hektischen Musikgeschäft, wo Party zum Geschäft gehört, eher nach ruhigen Momenten?
Ehrlich gesagt sind die ruhigen Momente am ehesten die, wo ich meine Ruhe komplett brauche, da will ich auch mit meinen Freunden nix zu tun haben. Das wissen die auch. Ich teile also eher die lauten Momente, die würde ich ohne Freunde gar nicht aushalten! Wenn Du mich alleine auf ein Echo setzt, da würde ich die Krise kriegen. Ich brauch da schon meine Leute um geerdet zu sein und zusammen mit anderen lachen zu können. Und wenn ich Bock habe auf Ruhe, dann gibt es wenige Freunde, die mit mir dieses Bedürfnis teilen.
Und wie entspannst Du Dich im Urlaub?
Ich bin dann nicht der Typ, der im Urlaub in Discos geht, ich fahr dann wo hin, wo es keine Diskos gibt. Im Urlaub sind die einzigen Momente, wo ich mal Bücher lese. Ich lese sonst nie, aber im Urlaub lese ich den ganzen Tag.
Welche Bücher liest Du dann?
Eigentlich immer nur Sachbücher, ich kann mit Romanen nichts anfangen. Ich lese fast immer nur Biographien von Musikern oder von Terroristen. Noch immer das beste Buch, was mich am meisten faszinierte ist „Der Baader-Meinhof Komplex“ von Stefan Aust. Das hab ich halt mit 12 gelesen, mit 16 gelesen, mit 20 gelesen. Und ansonsten Musikerbiographien. Bis vor kurzem war mein Favorit „The Dirt“ von Mötley Crüe- obwohl ich nichts mit der Musik zu tun habe. Aber das sind die wahnwitzigsten Rock’n’Roll-Geschichten, die Du überhaupt vorstellen kannst. Vor einem halben Jahr habe ich „Ozzy“ von Ozzy Osbourne gelesen, und das hat „The Dirt“ von Platz 1 verdrängt. Lustigerweise beschreiben beide Bücher parallel auch gemeinsame Touren, so man die Geschichte erst aus der einen Warte sieht und dann aus der anderen Warte. Aber beide Bücher kann ich nur schwer empfehlen.
Wie viel Rock’n‘Roll wird man in Deiner Biographie lesen können?
Was Ozzy Osbourne und Mötley Crüe angeht, bin ich der langweiligste schmetterlingsammelndste Knabenchor, den Du Dir überhaupt vorstellen kannst. Da kann ich einfach nicht mithalten.
Aber ich hab vielleicht andere Sachen zu erzählen, oder eine Sprache in der ich erzähl, die sich vielleicht irgendwann zu lesen lohnen würde. Wenn sie mit 70 Jahren mal schreibe. Anderes Beispiel: Ich habe damals zeitglich „The Dirt“ und „Fleisch ist mein Gemüse“ gelesen. Letzteres zeigt, dass jemand mit dem kompletten Gegenteil seines Alltags und seiner Kindheit und Jugend aber einfach gesegnet mit dem Talent einer einzigartigen und großartigen Sprache genauso fesseln kann wie die plumpe Sprache von Tommy Lee, der erzählt, wie er fünf Frauen gleichzeitig durchvögelt. Das hat alles seinen Humor und seinen Wahnsinn, aber sind zwei komplett verschiedene paar Schuhe.
Vielen Dank für das Interview!
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Mehr von Jan Delay gab es bereits gestern über seine Rolle als Superschurke und Synchronsprecher, über Moral, böse Banker und StreetCredibility (kann man hier nachlesen).
Das Interview führte Gerold Marks.
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