Vorweg gesagt: wer grundsätzlich nichts mit Mecha-Robotern und gigantischen Alien-Echsen anfangen kann, ist wohl in einer RomCom besser aufgehoben. Und es gibt viele Gründe, Guillermo del Toros neues Werk Pacific Rim nicht zu mögen. Der Film gebietet sich sehr patriotisch, die Figuren sind selbst in ihrer Verrücktheit so stereotyp wie nur möglich, die Handlung ist bis auf einen kleinen Kniff absolut vorhersehbar. Das Rad- wenn auch bedeutend größer als sonst- erfinden del Toro und sein Co-Drehbuchautor Travis Beacham nicht neu, neben den direkten Anleihen an die Kaiju-Filme wie Godzilla schwingt der gesamte Kanon der Mecha-, Manga und SciFi-Welt mit, von Tetsujin 28-go bis Neon Genesis Evangelion sind die Anleihen mehr als deutlich, aber auch Independence Day, Jurassic Park, Cloverfield oder Avatar lassen beiläufig oder direkt grüßen.
Angekratzer Pulp
Jetzt das große Aber: die Zuschauer bekommen mit Pacific Rim genau das, was drauf steht. Riesige Roboter- hier Jaeger genannt- im apokalyptischen Kampf für die Menschheit gegen gigantische Monster. Wer sich an dieser Art von High-Concept, Nerdstuff oder Pulp erfreuen kann, nehme ich sich einen Eimer Popcorn (Monstergröße) und genieße. Del Toro ist mit seiner Gigantenschau ein sehr sympathischer Film gelungen, der dort abliefert, wo andere Filme mit vergleichbaren Sujets versagen. Der Man of Steel konnte sich beispielsweise in seiner Übernatürlichkeit stundenlange Duelle mit den Gegnern liefern, wobei die Hausetagen wie Papier wegknickten, die Stofflichkeit der Umgebung war kaum nachzuempfinden. In Pacific Rim ist die Physis in jeder Szene vorhanden. Die Maschinen arbeiten und ächzen unter der tonnenschweren Last, jeder Schlag bereitet Mühe, jeder Treffer erfordert ein Verschnaufen. Der Kampf gegen das Böse wird erlebbar, die Bedrohung spürbar. Die tadellosen VFX aus dem Hause Industrial Light & Magic liefern aber nur das halbe Erlebnis, für mich hat sich der Bau der realen Sets besonders ausgezahlt. Wenn im Abspann sowohl Jaeger wir Piloten in ihren glossy Uniformen präsentiert werden, ist man sehr froh, dass im Production Desing nicht alles glatt und schick à la Transformers oder Stark Industries gestaltet wurde. Das Verteidigungsprogramm soll einem Schutzwall weichen, die Gelder fehlen, es wird allenorts improvisiert, der Rost frisst dich durch das Metall, der Beton bröckelt, die Narben vergangener Schlachten liegen blank. Darauf werden die VFX-Layer wie die HUDs aufgesetzt, die sehr stimmig das Physische mit dem Holografischen verbinden. Sehr beeindruckend ist die Farbgestaltung des Films, da hat Kameramann Guillermo Navarro alles rausgeholt, was die Red Epic aufzeichnen konnte. Mitunter mag es subtil sein, doch wer drauf achtet, erkennt das Farbkonzept der einzelnen Figuren, Gold steht für Raleigh Becket, Blau für Mako. Im Verlauf des Films lässt sich ihre Veränderung, bzw. Verbindung auch in der Farbwelt wiederfinden.
Beste 3D-Konvertierung des Kinojahres
Del Toro, durchaus ein Kenner und Befürworter der Stereoskopie, entschied sich zunächst gegen 3D, da er eine Miniaturisierung der Größe der Jaeger und der Kaijus durch die visuelle Verzerrung der Brennweiten befürchtete. Warner Bros. als Verleih stimmte ihn (mit welchen Mitteln auch immer) um, neben den Extra-Dollars baut Warner auf kräftigen Zulauf in den asiatischen Boommärkten, die verrückt nach 3D-Inhalten sind. Del Toro rang Warner im Gegenzug enstprechendes Budget und 40 Wochen Zeit für eine äußerst sorgsame Konvertierung ab. Pacific Rim liefert die bisher beste 3D-Konvertierung des laufenden Kinojahres ab, dessen technische Brillanz man zum Standard erklären sollte. Del Toro hat nach seinen Angaben persönlich die 3D-Konvertierung von Stereo D überwacht und Szenen so lange überarbeiten lassen, bis sie seinen Ansprüchen genügen, dieser Schweiß hat sich definitiv gelohnt.
Inhaltlich betrachtet bin ich ja grundsätzlich ein Freund von wundervollen Tiefen, Pulp-Filme wie Pacific Rim dürften aber dennoch deutlicher mit den möglichen Gimmicks im Zuschauerraum spielen. Neben einer leichten Verlagerung außerhalb der Leinwand und einigen wenigen Out of Screen-Effekten wie einem herausragenden Jaeger-Schwert bleibt man recht zurückhaltend. Der Raum hinter der Leinwand wird gut genutzt, die gebauten Sets in den verwüsteten Straßen oder der Jaeger-Steuerungszentrale geben genügend natürliche Tiefeninformation für Raumstaffelung her. Diese werden dann nochmals mit dem Effektlayer mit den Virtual Graphical Interfaces überlagert, und damit zusätzliche Tiefe erschaffen. Wer nach einem 3D-Forschungsthema sucht , sollte sich den Einsatz der Floating Windows in Pacific Rim vornehmen. Mit einem Scheinfenster können die Objekte im Raum in den Tiefen veränderlich platziert werden, auch lässt sich das gesamte Tiefenbudget einer Szene steuern oder korrigieren. Wo andere konvertierte Filme einen Talking Head vor unscharfem Hintergund in einer flachen Szene böten, nutzt Pacific Rim diesen kreativen 3D-Ansatz des Dynamic Floating Window zur Raumschaffung ausführlich, vor allem zur Tiefengestaltung von Dialogszenen. Da war ein echter Könner am Werk.
Die Szenen sind auch in der Nacht, im Regen oder unter Wasser so gut beleuchtet, dass in einer regulär eingestellten Projektion trotz 3D-Lichtverlust keine Details absaufen. Die Roundness der Objekte in 3D ist ansprechend gestaltet, Menschen und Objekte besitzen ein natürliches Volumen. Zu gute kommt, dass die visuellen Effekte von Industrial Light & Magic stereoskopisch geliefert wurden, reine Schlachten zwischen Jaeger und Kaiju in den Tiefen des Pazifiks sind in nativem 3D zu erleben, laut del Toro entspricht dies insgesamt rund 30 Minuten des Films.
Im Storytelling hätte man sicher noch weiter im Raum erzählen können, geht es doch nicht nur um Größen und Höhen, sondern auch um Nähen und Distanzen der Figuren.
Ausgelagertes Storytelling
Die Verteidigungs-Geschichte wird clever erzählt, während andere Regisseure sich hätten verleiten lassen die gesamte Ursuppe zu inszenieren, beginnt del Toro direkt im Geschehen. Die ersten zehn Minuten eines Films ist der Zuschauer erstmal aufgeschlossen, akzeptiert „Unglaubliches“. Pacific Rim nagelt das Suspension of Disbelief in dieser Gnadenfrist absolut fest. Zwar hätte man sich durchaus weitere Einblicke in die Schar der eigentlich interessanten Figuren gewünscht, die kommen allesamt etwas kurz. Leider auch in der schauspielerischen Leistung von Idris Elba, von dem ich deutlich mehr Performance erwartete. Doch auch hier ist Abhilfe geschaffen, begleitend zum Film haben del Toro und Beacham einen begleitenden Comic veröffentlicht, der das Storytelling auf eine andere Basis heben will. In Pacific Rim. Geschichten aus dem Jahr Null wird die Geschichte des K-Days erzählt, der Tag als San Francisco durch den ersten Kaiju-Angriff vernichtet wurde und der World War K begann. Der Comic erzählt weit mehr als Monsterschlachten, der Leser begibt sich auf eine persönliche Erzählreise der Charaktere des Films, ohne die das Jaeger-Programm nie entwickelt worden wäre. Er stellt Helden vor, die ihr Leben für die Rettung der Menschheit gelassen haben und zeigt Hintergründe auf, allem voran wie die Widerstandskämpfer des Films zu dem wurden, was sie sind. Wer also tiefer in die Geschichte eintauchen will, sei der Comic aus dem Cross Cult-Verlag wärmstens empfohlen.
Es wird (hoffentlich) Groß
Über ein mögliches Sequel wird bereits nachgedacht, es bleibt abzuwarten, wie finanziell erfolgreich Pacific Rim an der Kinokasse läuft. Inhaltlich wurde ein Keim für eine Fortsetzung gepflanzt. Achtung, Mini-Spoiler: was passiert mit unserer Welt, wenn die Kaiju mit dem transferierten Knowhow ebenfalls riesige Mechs bauten, die sie per Drift steuern? Das vergrößert alles nochmals um einen Faktor 50. Mechagodzilla lässt grüßen. 😉
Pacific Rim startet am 18. Juli 2013 in den deutschen 3D-Kinos, in ausgewählten Kinos auch in Dolby Atmos 3D-Sound, in IMAX 3D oder 2D. Weitere Informationen gibt es auf der offiziellen Film-Webseite und auf der Facebook-Fanpage. Noch ein Hinweis: Pacific Rim ist unbedingt auf der größten verfügbaren Leinwand anzusehen. Dafür wurde der Film erschaffen. Warum Warner Bros. für die Pressevorführung bei einem auf Gigantomanie ausgelegten Eyecandy-Film den kleinsten Saal des Kinos mit einer 60 Quadratmeter-Leinwand bucht, ist nicht nur mir schleierhaft. Zumal wenn zwei Türen weiter ein Dolby Atmos-Saal für ein umfassendes 3D-Sound-Erlebnis zur Verfügung steht und sich eine Treppe nach oben das neue IMAX mit der größten Leinwand der Stadt befindet…
Die Pacific Rim-Bildergalerie:
Der deutsche Pacific Rim-Trailer:
Kurzinhalt: Als Legionen von Monstern aus dem Meer auftauchen, beginnt ein Krieg, der Millionen Menschen das Leben kostet und auf Jahre den Einsatz aller zur Verfügung stehenden Rohstoffe erfordert. Zur Abwehr der gigantischen Ungeheuer, die Kaiju genannt werden, konstruiert man gewaltige, als Jaegers bezeichnete Roboter – sie werden gleichzeitig von zwei Piloten gelenkt, deren Gehirne über eine Neuronenbrücke gekoppelt sind. Doch selbst die Jaegers können gegen die unerbittlichen Kaiju kaum etwas ausrichten. Angesichts der drohenden Niederlage müssen sich die Verteidigungstruppen wohl oder übel auf zwei Soldaten verlassen, denen man zu allerletzt Heldentaten zutrauen würde: auf einen heruntergekommenen Ex-Piloten (Charlie Hunnam) und eine Rekrutin ohne jede Erfahrung (Rinko Kikuchi). Sie sollen gemeinsam einen legendären, bisher als völlig veraltet eingestuften Jaeger steuern. Weil das apokalyptische Inferno unausweichlich scheint, bilden die beiden das letzte Bollwerk der Menschheit.
Das Pacific Rim-Hauptplakat:
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