MONSTER HUNTER: exklusives Interview mit Kameramann Glen MacPherson
DoP Glen MacPherson ist einer der erfahrensten Kameramaänner für 3D-Filme überhaupt. Gemeinsam mit Regisseur Paul W. S. Anderson adaptierte der die Videospielreihe MONSTER HUNTER zu einem bildgewaltigen Fantasy-Actionabenteuer. DigitaleLeinwand traf Glen MacPherson zum exklusiven Interview und sprach mit ihm über die Herausforderungen des Drehs, die Zukunft von Film und Kino und das Setting für eine mögliche Fortsetzung von MONSTER HUNTER.
DIGITALE LEINWAND: MONSTER HUNTER ist mittlerweile Ihre sechste Zusammenarbeit mit Regisseur Paul W. S. Anderson – was ist das Besondere an der Zusammenarbeit mit ihm?
GLEN MACPHERSON: Ich bin mir nicht sicher warum, aber ich liebe die Zusammenarbeit mit ihm. Ich erinnere mich, dass der erste Film RESIDENT EVIL war, denn ich hatte noch nie einen RESIDENT EVIL -Film gesehen. Er sollte in stereoskopischen 3D gedreht werden, ich hatte gerade zuvor einen Film in 3D fertiggestellt. Vermutlich habe ich daher das Jobinterview bekommen. Als ich das Drehbuch gelesen hatte, war ich begeistert: es gab im ganzen Film etwa sechs Seiten Dialog und der Rest waren nur große Versatzstücke. Eine Situation, die einem Kameramann sehr viel Spaß macht. Außerdem war Paul der Regisseur, Produzent, Autor und ist mit dem Star des Films verheiratet. Was sollte da schon schiefgehen, außer dass wir gemeinsam eine Menge Spaß haben werden? Ich glaube, wir hatten eine Menge Spaß. Wir haben uns ein bisschen zusammengerauft und seitdem arbeiten wir einfach zusammen.
Bei der Adaption einer bekannten Spielereihe gibt es immer große Erwartungen von den Fans. Man muss die richtige Tonalität treffen um die gewünschte Atmosphäre zu kreieren. Worin bestand die Herausforderung?
Bei MONSTER HUINTER war es völlig anders als bei den Resident Evil-Filmen und den anderen Filmen mit Paul. Wir mussten der ursprünglichen Vorlage immer treu sein, weil es echte Monster-Fans gibt. Zwar gehen auch viele Menschen ins Kino, die das Spiel nicht kennen, aber wenn man es kennt soll man nicht aus dem Film kommen und denken, dass die Adaption Mist war. Wir haben zwar die Handlung des Spiels nicht exakt verfilmt, bleiben aber dem Game treu.
Und Sie haben sich vorher dem Dreh durch alle MONSTER HUNTER-Games gezockt?
Ich muss gestehen, dass ich selber kein Gamer bin, und habe die Games nicht exzessiv gespielt. Aber natürlich hatten wir die ganze Zeit das Spiel zur Hand, man konnte sich noch mal eine Spielsequenz ansehen und Vorbereitungen für den Film treffen. Die Jungs, die das Spiel programmierten, haben bereits erstaunliche Bilder abgeliefert. Meine Mission war, diese für den Film nachzustellen.
Ich habe schon einige Videospiele als Filme adaptiert, aber ich dachte mir, ich bringe eine gute oder eine andere Perspektive mit. Sie wissen schon, weil ich den filmischen, einen frischen Blick mitbringe.
Trotz digitaler Monster wollte Anderson aber nicht vor Green Screen drehen, sondern in großen Sets?
Genau, das ist ihm sehr wichtig, besonders bei MONSTER HUNTER. Er wollte keinen Green-Screen sondern an realen Orten drehen, die wirklich „jenseitig“ aussehen. Also fuhren wir nach Namibia und in unerforschte Gegenden in Südafrika, wo die gesamte Besetzung und Crew dreieinhalb Wochen lang untergebracht war. Wir waren zehn Stunden von der Zivilisation entfernt, also wohnten wir in Zeltstädten und haben Tee getrunken. Ein ganz anderer Dreh für das Team als bei anderen Produktionen, wo man Privatjets und ordentliche Hotelsuiten gewohnt ist. Wir hatten auch mit eigenen Monstern zu kämpfen: mitten in der Steinwüste, in der wir drehten, lebt eine tagaktive große, pelzige, fette Spinne. Die schneller laufen kann als du selbst und immer an deinem Hosenbein hochlaufen will, um Schatten zu bekommen. Man nennt sie auch die „Kalahari Ferrari“-Spinne, weil sie so irre schnell ist. Viele von der Crew haben sie zum ersten Mal erlebt. Unser Regieassistent wurde rennend regelrecht verfolgt. Da half nur eins: Hosen in die Stiefel stecken.
Wie lief der digitale Dreh?
Wir haben viel geplant und vorbereitet. Die Visual Effects-Firma war mit uns in engem Austausch, damit wir passende Bilder filmen konnten. Gedreht wurde auf der Großforma-Alexa, weil ich wusste, dass sie die richtige Kamera für das Projekt war und wir den großen Dynamikunfang nutzen wollten. Wir brauchten unbedingt eine Kamera mit großflächigem Sensor, um alles einzufangen. Es hat natürlich ein bisschen mit der Überzeugungsarbeit gedauert, weil es teurer und aufwändiger ist. Am Tag haben wir eine massive Größe zwischen sieben und neun Terrabyte an Daten produziert.
Aber dieses Mal haben Sie, trotz aller Erfahrung in nativem 3D, in 2D gefilmt, MONSTER HUNTER wurde erste nachträglich in 3D konvertiert?
Paul und ich haben zusammen Filme in nativem 3D gedreht, und wir hatten eine Menge Spaß. Wir haben das 3D-Format an die Grenzen gebracht und viel ermöglicht. Aber 3D-Kamerarigs sind immer noch sehr große, sperrige Kameras. Die eignen sich nicht dazu, wirklich spontan mit der Kamera rauszugehen und diesen unglaublichen Sonnenuntergang aufzunehmen, weil man einen Haufen Leute braucht um einen Haufen Ausrüstung mitzuschleppen. Wobei ich es sehr mag in nativem 3D zu drehen. Mittlerweile sind die 3D-Postproduktionsfirmen ziemlich gut geworden, und das gibt einem den Rücken frei für das Drehen. Paul ist sehr klug, er versteht das Format und kann für die 3D-Bilder planen. Was ich gar nicht leiden kann, sind Regisseure, die wissen, dass der Film später in 3D in die Kinos kommt, aber diesem Teil des Films überhaupt keine Aufmerksamkeit schenken, das ist echt nervig. Paul hingegen ist sich immer bewusst, dass es für einige Märkte ein 3D-Film werden wird, und so drehen wir die ganze Zeit sehr bewusst mit diesem Gedanken.
Welche Welt aus MONSTER HUNTER würden Sie in einem weiteren Teil gerne mehr erkunden?
Da kann ich mich gar nicht entscheiden! Wir wären bereits für den nächsten MONTSER HUNTER-Film. Es gibt ein Spiel, dass in einer Eisumgebung stattfindet, in Eis und Schnee. Ich stelle mir vor, wie wir das drehen, da gibt es eine Menge Herausforderungen. Aber wir hatten ein gutes Training mit dem Dreh im weißen Sand, als sie zum ersten Mal in der neuen Welt ankommen sind. Alles im weißen Sand war schwer zu drehen, denken sie alleine an die ganzen Fußabdrücke. Klar, jetzt kann man sagen, das machen wir später in der Postproduktion per CGI. Aber das kostet dann mal eben 50.000 Dollar pro Aufnahme. Keine Chance. Im Schnee wäre es ähnlich wie im Wüstensand, nur eben schrecklich kalt, statt furchtbar heiß. Eine Herausforderung für mich als DoP aufgrund der schwierigen Belichtungsmöglichkeiten. Aber wenn wir einen zweiten Film machen, dann sicher in Eis und Schnee. Ich hab da ein bisschen Erfahrung und würde es wieder tun.
Sie würden statt im Studio aber auch wieder in echten Umgebungen drehen wollen?
Absolut. Ich liebe die Filme von Roland Emmerisch zum Beispiel, aber das ganze CGI nimmt mir immer etwas von der Realität des Films. Das ist auch bei den ganzen Marvel-Filmen so. Aber erinnern Sie sich an MAD MAX: FURY ROAD- da war man da. Klare Sache, wenn wir wieder drehen, dann in echtem Schnee.
Warum sind eigentlich die Menschen in vielen asiatischen Ländern so begeistert von Monsterfilmen?
Ich kann auch nicht sagen, warum sie es sind, aber ich bin froh, dass sie es sind. Dem haben wir Godzilla zu verdanken und alle möglichen Kreaturen. Ich liebe Monsterfilme. Hollywoodfilme sind oft etwas dialoglastig, das ist in Asien schwer zu verkaufen, weil es mit Untertiteln synchronisiert wird. Ein Fantasy-Action-Film wie MONSTER HUNTER trifft da eher den Geschmack des Publikums.
Wie sieht denn die Zukunft des Kinos aus?
Zusammen mit den Freunden ins Kino gehen, und am großen Event teilhaben. Viele Leute haben sich ein großes Heimkino-System zugelegt, andere gucken Filme auf kleinem Bildschirm auf dem iPhone. Die jüngere Generation verändert gerade ihre Sehgewohnheiten, und ich bin mir nicht sicher, wie es weitergehen wird. Aber ich genieße Kino weiterhin sehr, am besten auf der größten Leinwand, großes IMAX mit voll krachendem Sound. Wenn ich einen Film in dieser Dimension sehen kann, ist es eine andere Erfahrung.
Wie wird sich die Produktion von Filmen verändern?
Auch hier wird es ständig Entwicklungen geben. Neue Werkzeuge entstehen, wie mit DER KÖNIG DER LÖWEN von Jon Favreau. Mit den LCD-Screen-Backlots wie in „Tha Mandalorian“ ermöglicht man neue Produktionstechniken, das ist schon aufregend. Ich hatte eine kleine Demo mit der Unreal Engine gesehen, aber die war nicht gut gemacht, man konnte die Unterschiede beim Vordergrund und Hintergrund zu deutlich sehen. Aber „The Mandalorian“ macht das sehr gut.
Wir haben bei MONSTER HUNTER mit virtueller Previsualisierung gearbeitet, um die digital gemalten Höhlen besser erkunden und später filmen zu können. Mit einer Virtual Reality-Brille konnte ich durch das digitale Set gehen und mit Paul und dem Produktionsdesigner besprechen. Funktioniert das? Ist das ein guter Vordergrund? Können wir noch etwas in das Set einbauen? Wo werden die Scheinwerfer montiert? Wo steht die Kamera? Alles konnten wir bereits vor dem Dreh am Computer planen und durchgehen. Das half uns beim kreativen Prozess.
Und wie wird sich Film verändern?
Es wird sich verändern. Als ich als Kameramann begann, filmten wir im ziemlich quadratischen 1:1,33 Academy-Verhältnis. Als das Breitbildformat herauskam, war das eine Offenbarung. Die Leute waren verblüfft darüber, also hatten wir das viele Jahre lang. Dann Fernsehen mit dem 4:3-Format für viele Jahre, da hat man Werbung oft mit zwei Kameras gedreht. Und jetzt 9:16 vertikal? In meiner Karriere hat sich das Bildformat schon mehrfach geändert, ich bin also bereit.
Zum Abschluss: Welchen Ratschlag haben Sie für junge Filmemacher, um erfolgreich zu sein?
Das hat sich alles verändert. Ich musste durch die klassische Schule, alles über Technik und als Kameraassistent lernen. Bereiche, die es mitunter heute so nicht mehr gibt. Heute kann man Dank der digitalen Technologie für 3.000 bis 5.000 Dollar eine Kamera kaufen und selbst anfangen zu drehen und zu schneiden. Man kann viel Erfahrung für sein Handwerk sammeln. Allerdings gibt es auch viel mehr Konkurrenz weltweit. Um in der Welt da draußen einen Namen zu bekommen, muss man wirklich proaktiv sein und sich verkaufen und sicherstellen, dass du Jahr für Jahr bei MTV auf dem neuesten Stand bist. Und auf deinem Instagram-Account deine großen Filme präsentieren. Heute muss man das quietschende Rad und die lauteste Stimme da draußen sein, damit man bei den Regisseuren durchzudringen. Wer richtig gute Arbeit abliefert, hat auch eine Chance.
Vielen Dank für das Interview!