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Disney hat verstanden, dass sich Menschen nicht nur für den Film selbst, sondern auch für seine Entstehung und die technische Umsetzung interessieren. Im September 2009 hatte ich euch schon mal einen Artikel über die unterschiedlichen Produktionsphasen eines Animationsfilms geliefert (kann man hier nachlesen). Für Disneys neuesten Phantasie-Streich „Alice im Wunderland“ gibt es nun eine Serie von Progressions-Aufnahmen, die ich euch vorstellen möchte. Tim Burton setzt in seinem Film reale Schauspieler, computergenerierte Figuren, Motioncapturing und jede Menge Compositing ein, um alles zusammen zu führen. Dafür werden viele Aufnahmen vor Greenscreengefilmt, um reale Schauspieler in virtuelle Szenerien zu versetzen. Durch neu entwickelte Techniken sind auch Größenunterschiede oder Verzerrungen wie bei der Kopfgröße der Roten Königin möglich und ergeben einen ganz individuellen Look.

Aber seht selbst Bild für Bild:

Schritt 1: Die Rote Königin wird vor einem Greenscreen-Hintergrund gefilmt. Dabei wurde eine hoch-auflösende 4K-Digital-Kamera verwendet, damit ihr Kopf vergrößert werden kann ohne dabei an Bildqualität einzubüßen. Der Stuhl, auf dem sie sitzt, ist ebenfalls grün, um ihn später durch sein digitales Duplikat zu ersetzen.

ALICE IN WONDERLAND

Schritt 2: Die Macher verwendeten spezielle Programme, die im Laufe der Produktion für diese Zwecke entwickelt wurden. Sie ermöglichten es, den Kopf der Roten Königin zu vergrößern sowie ihren Hals und das Kinn nahtlos an den Kragen ihres Kostüms anzufügen.

ALICE IN WONDERLAND

Schritt 3: Die Rote Königin wird in eine vorläufige computeranimierte Umgebung mit einfachen Modellen der späteren Ausstattung im Hintergrund gesetzt. Erste Versionen der Affen, die die Kerzenleuchter halten, werden ebenfalls hinzugefügt.

ALICE IN WONDERLAND

Schritt 4: Die Affen erhalten durch die Animatoren von Imageworks ihr Fell und ihre Kleidung.

ALICE IN WONDERLANDSchritt 5: Den Kerzen werden in diesem Schritt ihre Flammen hinzugefügt.

ALICE IN WONDERLAND

Schritt 6: Die Abschluss-Szene beinhaltet die richtige Beleuchtung, Struktur und eine finale Farbanpassung.

ALICE IN WONDERLAND

Das ist natürlich wunderbares Futter für DigitaleLeinwand.de. Zwar ist viel Technik von Nöten, um die phantastische Unterwelt zu erschaffen, alle verfügbaren Mitte werden eingesetzt, neue Techniken entwickelt. Doch ist es kein purer Selbstzweck, die Technik tritt zurück und dient völlig der Geschichte. Ich war eh schon gespannt auf Tim Burtons Fassung von Alice im Wunderland, mittlerweile freue ich mich wirklich sehr darauf!

Seit langer  Zeit beschäftige ich mich mit Trailern in ihrer Funktion als wichtigstes Werbemittel für Kinofilme. Ein Trailer vermittelt nicht nur Informationen über die Schauspieler, Regisseur und die Handlung, sondern gibt auch einen visuellen Eindruck des Film. Dieser Look wird zur bestimmenden Ausrichtung des ganzen Films. Dabei geht es nicht nur um Effekte oder besonders markante Szenen, sondern um das gesamte Produktionsdesign.

Seit einiger Zeit gibt es das Phänomen der Fantrailer, Weiterlesen

Man legt nach im Hause Fox. Nun da James Camerons „AVATAR- Aufbruch nach Pandora“  an der Kinokasse der weltweite Bestseller geworden ist und die „Titanic“ überholte, heizt man das Interesse noch ein wenig an. Es gibt ein neues Featurette zum Thema Performancecapturing, also der erweiterten Aufnahmetechnik für die Körperbewegungen und die Mimik der Schauspieler. Diese Daten werden auf das virtuelle Figurenmodell der Avatare übertragen, und erhält so weit feinere und ausdrucksstärkere Animationen.

Ein kurzes Featurette zum Thema hab ich in dem ausführlichen Artikel über die entwickelte Technik des Films schon mal gebracht, nun gibt es davon eine Langfassung mit Interwiewschnipseln und Einblicken in die Visual Effects und Behind-the-Scenes. Ich finde das alles sehr beeindruckend, da lacht jedes Animatorenherz…

Kritiker des heutigen Kinos kritisieren den verstärkten Einsatz der Technik. Nicht nur in  „AVATAR-Aufbruch nach Pandora“ entstand fast die ganze Welt virtuell, auch in Filmen und Fernsehserien mit Spielort Planet Erde wird die Wirklichkeit digital verändert.

Hier habe ich ein  Reel der Spezialeffekt-Schmiede Stargate Studios für euch, die in Los Angeles und Vancouver sitzen. Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie in den VFX unterschiedliches Footage kombiniert, Compositings zusammengesetzt und digitale Komponenten ergänzt werden. (Siehe auch Artikel über die SFX von „Dorian Gray“.)

So entstehen Dinge und Szenen, die in dieser Form niemals stattgefunden haben. Und doch so real, dass ihre Wirklichkeit nicht angezweifelt wird. Die Wirklichkeit ist digital manipuliert, und tritt doch hinter die Geschichte und deren Handlung zurück. Und eigentlich ist es wie Magie, wenn sich die grüne Leinwand im Hintergrund verwandelt.

Seht selbst:

An der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf (HFF) in Potsdam
entsteht derzeit das erste 3D-Spielfilmprojekt. Für den 10-minütigen Kurzfilm „Topper gibt nicht auf!“ fiel am Freitag die letzte Klappe. Aber es handelt sich bei dem Projekt nicht nur um einen Film, wird er doch gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi). (Ja, richtig gelesen, nix mit Medienboard und Filmförderungsanstalt, man setzt auf die Bereiche Wirtschaft und Technologie.) Zu recht, denn „Topper gibt nicht auf!“ ist ein Forschungs-, Arbeits- und Lernprojekt. DigitaleLeinwand war zu Gast beim Produktionsteam und auf dem 3D-Set.

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An der HFF sind bereites zwei stereoskopische Animationsfilme und ein 3D-Dokumentarfilm entstanden. Das erste szenische Realfilmprojekt „Topper gibt nicht auf!“ erzählt die Geschichte von Axel, der Regie studiert und die männliche Hauptrolle seines aktuellen Films mit seinem Idol Til Topper besetzt. Topper entpuppt sich allerdings beim Dreh als arroganter Exzentriker, der droht alles hinzuschmeißen. Doch dann kommt Marleen. Sie spielt die weibliche Hauptrolle, weckt seinen Ehrgeiz und – ist Axels Freundin.
Für das Projekt konnte Schauspieler Claude-Oliver Rudolph („Das Boot“, „James Bond 007: Die Welt ist nicht genug“) als Til Topper gewonnen werden. Scheint perfekt für die Rolle besetzt, Rudolph ist nicht nur die neue deutsche Synchronstimme für den abgehalfterten und wiederentdeckten Mickey Rourke, sondern tritt auch (für die Presse) mit der entsprechenden Attitude am Set auf. Der Regisseur wird von Maximilian Vollmar („Die Welle“, „Nancy and Frank – A Manhattan Love Story“) gespielt. Die (sozusagen doppelte) weibliche Hauptrolle übernahm Anna-Maria Sturm („Beste Zeit“, „Beste Gegend“).

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Vollmar, Sturm und Rudolph am Set , Bild: Gerold Marks

Die Beschreibung deutet das dahinterstehende Konzept an: der Film agiert in mehreren Ebenen. Zunächst ist es ein Film über das Filmemachen. Sowohl der Backstagebereich, wie der Filmfilm (also der in der Geschichte zu drehende Film) spielen eine Rolle. Getrennt werden diese beiden Bereiche optisch: der Filmfilm wird mit den Stilmitteln des Film Noir und in Schwarz/Weiß umgesetzt, der Backstage-Bereich der Produktion wird farbig dargestellt. Aber der Film besitzt auch Metaebenen als Forschungsgegenstand und praktisches Lernprojekt:

Dem stereoskopischen 3D-Kino als Motor der Digitalisierung wird eine große wirtschaftliche Bedeutung beigemessen, zum einen aufgrund der Strahlkraft des Neuen, aber auch in der technischen Entwicklung der Produktion und Projektion. Und nicht zuletzt in der Verwertung an Kinokasse oder Ladentisch. Acht führende Unternehmen und Forschungsinstitute haben sich zum Konsortium PRIME zusammengeschlossen, was in Langform „Produktions- und Projektionstechniken für immersive Medien“ bedeutet. Konsortialführer ist das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen, weitere Partner sind das Fraunhofer Institut für Nachrichtentechnik, die Digital Video Systems AG, Flying Eye Management Beratung und Medieninvestitionen GmbH, die Kinoton, KUK Filmproduktion, Loewe Opta und natürlich die HFF Potsdam. Ziel ist die Entwicklung zukunftsweisender Technik und tragfähiger Geschäftsmodelle für die Einführung des stereoskopischen Medienkonsums in den Bereichen Kino, TV und Games. Das BMWi unterstützt diese Entwicklung mit einem Volumen von 5,8 Mio Euro, wobei die Fördersumme etwas über 4 Mio € liegt. Der Film ist ein Bestandteil dieses umfassenden Projektes.

Aber „Topper“ kann noch mehr:  Die Medienwissenschaftler der HFF werden den Film für qualitative Akzeptanztests einsetzen. Claudia Wegener, Projektleiterin für PRIME an der HFF, hat bereits mit ihrem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jesko Jockenhövel eine quantitative Studie zur Nutzung und Akzeptanz von stereoskopischem Kino vorgelegt. Derzeit sind weitere Studien in der Vorbereitung. Beispielsweise soll geklärt werden, warum sich Kinogänger die stereoskopische Version der ebenfalls verfügbaren monoskopischen Version vorziehen, hat dieses soziale Aspekte oder ist dies im Technik- oder Filminteresse begründet? Eine weitere Studie soll die Auswirkung der Immersion auf junge Zuschauer testen. Aktuelles Beispiel: Disneys Eine Weihnachtsgeschichte wird von Zuschauern als zu gruselig beschrieben. Verstärkt der stereokopische 3D-Einsatz noch die Furcht? Auch ist bisher nicht geklärt, warum Frauen beim Betrachten stereoskopischer Filme häufiger über Übelkeit klagen als Männer.

An „Topper“ sollen weitere Grunderkenntnisse überprüft werden: Wie weit wird das filmische Erleben durch den Einsatz von S3D gesteigert? Steht der Protagonist dem Zuschauer emotional inhaltlich näher, wenn die Figur auch räumlich näher abgebildet ist?

Ein bisher wenig untersuchtes Feld, umso erfreulicher, dass sich Designforschung allmählich etabliert. Ziel der Medienwissenschaftler sind empirisch abgesicherte und fundierte Erkenntnisse über unterschiedliche Aspekte der Beurteilung und Akzeptanz von stereoskopischen, bzw. mehrdimensionalen Inhalten. Und das Einbringen der gewonnenen Erkenntnisse in den Gestaltungsprozess.

Robert Laatz, künstlerisch-technischer Leiter des Projekts, betont wiederholt  die Bedeutung der stereoskopischen Technik im digitalen Zeitalter. Zwar sehen Kritiker S3D-Filme oftmals skeptisch, Laatz ist aber überzeugt von der Relevanz von 3D für den Kino, TV und Games: „Die HFF reitet auf dem Schaumkamm der Renaissance des 3D-Kinos“.  An der Filmhochschule arbeitet er als 3D-Producer und Director of Photography (DoP) intensiv mit den Studenten an der stereokopischen Technik.

Den Studierenden wird mit dem Film ein umfassendes Praxisprojekt ermöglicht, in dem der Umgang mit der Tiefendimension ausprobiert und angewendet werden kann. Natürlich gibt es diverse Unterschiede zu einem herkömmlichen Dreh. Regisseur Félix Koch betont, dass man bei einem stereoskopischer Dreh erstmal eine Menge von dem vergessen kann, was in 2D-Produktionen gilt. Es gibt sehr viele zusätzliche Fehlerquellen. Und es dauert, bis man die Kamera beherrscht. Insgesamt dauert der Dreh oft doppelt so lang wie gewohnt, beispielsweise benötigt der Aufbau der Kamera deutlich mehr Zeit. Eine wichtige Arbeit für Kameramann Benjamin Raeder: Es muss viel eingemessen werden, was ist der nächste Punkt, was ist der fernste. Stimmen die Einstellung nicht, kommt es aufgrund der stereoskopischen Sicht durchaus zu Übelkeit beim Zuschauer. Dies bedeutet auch längere Wartezeiten für die Schauspieler und das gesamte Filmteam.

Und auch die Technik dahinter muss gelernt werden, dreht man doch in High Definition und bedient gleichzeitig zwei unkomprimierte Datenstreams. Und die Datenmengen sind riesig, leider konnte die Mustervorführung des gedrehten Material nicht stattfinden, da das Glasfaser-Serversystem die Datenmengen nicht übertragen kann.

Insgesamt ist der Dreh sehr viel geplanter. Bei diesem Projekt hat man den Film bereits vorab in einem Computerprogramm previsualisiert. Dies hilft nicht nur bei der Entwicklung der Story und des Timings, sondern auch für die Definition der Einstellungen und das Planen der stereoskopischen Wirkung.

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Previsualisierung der Szene, Illustration: HFF

Die stereoskopische Dimension bringt auch neue Herausforderungen mit sich. Auch die Szenen verlangen einen anderen Aufbau. Zum einen interessiert sich das Auge intensiver für den dreidimensionalen Raum und benötigt dafür Ruhe. Die Szenen sind daher ruhiger, die Schnittfrequenz niedriger. Das Anschneiden von Personen durch den Kadrierung funktioniert im 3D-Film nicht. Auch sollten Personen oder Gegenstände das Bild nicht über die seitlichen Ränder oder nach oben und unten verlassen. Eine große Bedeutung bekommt die Positionierung der Personen im Raum.

Dramaturg Florian Hawemann hat vielleicht den wichtigsten Job bei diesem Projekt. Er ist sich des Problems Handlung versus Effekthascherei bei stereoskopischen Filmen absolut bewusst: „Ein gutes Drehbuch in 2D ist auch ein gutes Drehbuch in 3D. Ein schlechtes Drehbuch in 2D wird in 3D nicht besser.“ Produktionsleiter Paul Andexel hat bei dieser Produktion ebenfalls gut zu tun: 50 Crewmitglieder und bis zu 12 Schauspieler auf und am Set sind zu koordinieren. Für die Produktion eines Kurzfilms eine beachtliche und auch ungewohnte Größenordnung.

Selbst klassische Berufe wie die Bühnenbauten und Dekoration müssen sich an die neuen Erfordernisse anpassen. In der Gestaltung sind gegenüber den erlernten 2D-Konvention neue Konventionen erforderlich. Wie arbeitet man in 3D mit perspektivisch verzerrten Räumen oder der Vortäuschung von Dimensionalität durch Patinierung und Schattierung? Alles eine Aufgabe für die Szenografin Susanna Cardelli. Da muss mal eine Wand höher sein als gewohnt, Wandbilder können auch zu Reliefs werden, damit die Tiefenperspektive zur Geltung kommt. Für die Möglichkeiten räumlichen Gestaltung wurde ein Tiefenskript angefertigt, eine Art zusätzliches Drehbuch für die Tiefendimension. Dieses Script wird als gemeinsames Asset gemeinsam mit dem Bereich der Medienwissenschaft der HFF iterativ durch Akzeptanztests in 2D und 3D entwickelt.

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Kameramann Raeder und Regisseur Koch am 3D-Spiegel-Rig, Bild: Gerold Marks

Die HFF verfügt durch die Investitionen über eine sehr gute Ausgangslage: Zum einen arbeiten jetzt Studierende praktisch mit der 3D-Technik und sammeln somit wertvolle Erfahrungen für gefragtes Spezialwissen. Zum anderen konnte die Hochschule mit dem Kauf von Geräten und Software einen kompletten digitalen Workflow aufbauen. Das Herzstück ist natürlich das 3D-Spiegel-Rig. Da für stereoskopisches 3D die Bilder von zwei Kameras aufgenommen werden müssen, braucht man eine Apparatur, die das exakte Positionieren und Justieren ermöglicht. Dabei werden die Kameras mit dem gleichen Versatz von 6,5 cm wie die menschlichen Augen angeordnet. Nun sind die Kameras und Objektive aber breiter und müssen daher versetzt aufgebaut werden. Eine Kamera wird seitlich, eine oben positioniert. Über einen gekippten Spiegel wird das Bild umgelenkt. Ein 3D-Monitoring-System, der vom Fraunhofer HHI und KUK entwickelte Stereoscopic Analyzer (STAN), ermöglicht die Kontrolle der Szenen im Live-Modus direkt am Set. Natürlich steht auch ein Stereo 3D-Bildschirm mit passiven 3D-Brillen für die On-Set-Überprüfung zur Verfügung.

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"Marleen" am Set und im Monitoring-System, Bild: HFF

Für die jetzt beginnende dreimonatige Postproduktion wurde an der HFF eine Flame-Suite von Autodesk angeschafft- ein sehr mächtiges Visual-Effects-System, mit dem auch die großen Filmstudios und Effektschmieden arbeiten. Und selbst an das Abspiel ist gedacht: im hochschuleigenen Kino kann die HFF ihre Werke auch in S3D seinem Publikum vorführen, immerhin mit einer Kapazität von 220 Plätzen.

Die HFF hat somit als erste deutsche Filmhochschule einen komplett digitalen Workflow aufgebaut, der für mono- oder stereoskopische Produktionen und Projektion zur Verfügung steht. Projektleiter Laatz betont dieses Alleinstellungsmerkmal, die HFF ist nicht nur als derzeit einzige europäische Universität in der Lage stereoskopisch zu produzieren, auch wird an der HFF derzeit die nächste Generation der Filmemacher ausgebildet. Und diese besitzen mit diesen Projekten praktische Erfahrungen mit dem Dreh in 3D.

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Das Filmteam beim Begutachten des Materials, Bild: HFF

Es gibt gerade an den künstlerisch schaffenden Universitäten viele Verfechter der freien Kunst und Film als Kulturgut. Die aufsetzenden Wissenschaften waren oft isoliert, haben im nachhinein gemessen, untersucht und bewertet. Zu oft nur für die Bibliographie der Forschenden. Ableitungen für marktrelevante technische Entwicklungen oder gar wirtschaftliche Modelle scheinen dabei viel zu selten produziert worden zu sein. Insofern begrüße ich die Verbindung von künstlerischer Produktion mit der Medienwissenschaft, sind dies doch auch meine beiden Studienschwerpunkte an der Universität der Künste. Wenn man sich gegenseitig zuhört und achtet, lässt sich viel voneinander lernen. Aber es kommt dabei auch auf die Tiefendimension an.

„Topper gibt nicht auf!“ feiert am 26. März 2010 im Rahmen des Symposiums „Insight Out 2010“ Premiere. Der 10-minütigen Film wird voraussichtlich gemeinsam mit einem 60-minütigen Making-Of aufgeführt. Zudem ist eine Festivalauswertung und eine Veröffentlichung mit Bonusmaterial auf Blu-ray geplant. Mehr Informationen über den Film gibt es auf unter dem offziellen Twitteraccount @3DTopper, der Facebook-Fanseite und dem Blog des Produktionsleiters Paul Andexel. Regisseur Félix Koch hat bereits Ideen für das nächste S3D-Projekt. Ich bin gespannt.

3D – DAS ERSTE MAL FÜR PIXAR

Die Computeranimation erreicht eine völlig neue Dimension

OBEN fügt dem Pixar-Universum im wahrsten Sinne des Wortes eine ganz neue Dimension hinzu, denn er ist der erste Film des Studios in Disney Digital 3D. Für das Animationsstudio, das vor 14 Jahren den allerersten computeranimierten Spielfilm ins Kino brachte und seit dem für großartige Geschichten, technische Virtuosität und Detailversessenheit bekannt ist, markiert 3D den Beginn einer neuen Ära voller großartiger Möglichkeiten.

„Wir betrachten 3D als weiteren Buntstift in unserer Federtasche.“ Pete Docter, Regisseur/Autor

Laut Regisseur Pete Docter war es John Lasseter, der vorschlug, OBEN in 3D zu drehen. „Wir gründeten daraufhin eine ganz neue Abteilung“, sagt Docter. „Dieses neue Department nahm sich dieselben Story-Elemente vor, mit denen wir auch arbeiteten, und versuchte, räumliche Tiefe als zusätzliches Erzählelement in die Geschichte einzubauen.“ Docter weiter: „Beispielsweise am Anfang, als Carl total zurückgezogen in dem kleinen Haus lebt. Das sollte klaustrophobisch wirken, deshalb haben wir alles verflacht – also absichtlich die Tiefe des Bildes reduziert. Ein wunderbarer Kontrast zum späteren Film, wenn Carl nach Südamerika reist. Das musste sehr ausgedehnt werden – das Publikum sollte den Wind im Gesicht spüren, weshalb wir dem Bild viel Tiefe gaben. Wir betrachten 3D als weiteren Buntstift in unserer Federtasche“, so Regisseur Pete Docter.

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Bob Whitehill, ein Veteran der Layoutkunst, der vor fünf Jahren zu Pixar kam, spielte eine wichtige Rolle dabei, aus OBEN den ersten Pixar-Film in 3D zu machen. Er fungierte als Stereoscopic Supervisor. „OBEN dürfte einer der besten 3D-Filme überhaupt sein, ganz einfach wegen der phänomenalen Layouts und Bildkompositionen“, sagt Whitehill. „Durch geschickte Objektivwahl gelang es uns, die Z-Achse von und zur Kamera wirklich auszunutzen. Es gibt da diese wunderbaren Sequenzen im Dschungel von Südamerika mit unscharfen Blättern, Büschen und Ranken im Vordergrund. Dadurch entsteht ein herrliches Fenster in diese wunderbare Welt.“ Gemeinsam mit den Filmemachern entwickelten Whitehill und sein Team einen „Tiefe-Faktor“, um herauszufinden, wie sich der 3D-Effekt möglichst optimal und effektiv während des Films nutzen ließ. 3D wurde so zu einer visuellen Größe, die den Filmemachern half, ihre Geschichte zu erzählen und das Publikum in das Abenteuer hineinzuziehen.

„Als Carl seine Frau verliert und sich total zurückzieht, wird der Filmaufbau sehr flach“, erklärt Whitehill. „Die Objektive sind etwas länger, und wir haben Carl immer im oberen Bildteil, um den klaustrophobischen und in sich gekehrten Zustand zu unterstreichen. In diesen Sequenzen sind wir mit dem ,Tiefe-Faktor‘ runtergegangen. Wir nutzen die Z-Achsen-Tiefe, um von einem Mann zu erzählen, der den Mittelpunkt seines Lebens verloren hat und sich deshalb von der Welt abwendet. In den Szenen, in denen er und Ellie jünger sind, haben wir den ,Tiefe-Faktor‘ erhöht, damit man ein Gespür für Raum, Freiheit und Abenteuerlust bekommt. Als Carl dann tatsächlich seine Abenteuerreise beginnt, geht der ,Tiefe-Faktor‘ durch die Decke. Es ist schon schwindelerregend, diesen Wechsel mitzuerleben: von Carl, wie er in seinem Häuschen gefangen ist, bis zur Weite und Tiefe des Dschungels, dem Herzstück dieses großen Abenteuers.“

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DER LOOK UND STIL VON „OBEN“

Die Filmemacher lassen sich von Disney-Klassikern inspirieren

In bislang neun gefeierten Filmen haben die Kreativen von Pixar mit vielen verschiedenen Looks und Stilen experimentiert. Für ihren zehnten, OBEN, wählten die Filmemacher eine sehr einfache, minimalistische Herangehensweise, die sich ganz automatisch aus der Geschichte selbst ergab.

„Wir wollten OBEN einen ganz ausgeprägten eigenen Look geben, der sich von allen anderen Pixar-Filmen unterschied.“ Jonas Rivera, Produzent

Dazu Pete Docter: „Es geht um einen Mann, der sein Haus mit Luftballons nach Südamerika fliegt. Wir wussten, dass man so etwas nur karikaturenhaft und launig erzählen kann, was mir in ästhetischer Hinsicht sehr entgegenkommt. Wir besannen uns auf die großen Disney-Klassiker, mit denen wir aufgewachsen waren, wie ,Peter Pan‘ und ,Cinderella‘ und den großartigen Sinn für Stil und Karikatur, den sie hatten. Wir versuchten, alles so karikaturesk wie möglich zu gestalten, die Figuren, die Umgebung. In den meisten Filmen sind die Figuren rund sechs Köpfe groß. Unser Held, Carl, misst bloß drei Köpfe!“

„Mit der neuesten Computertechnik hätten wir alles sehr detailreich gestalten können. Doch stattdessen versuchten wir, alles sehr einfach zu halten, wie die wirkliche Welt eben gerade nicht aussieht“, ergänzt er.

„Wir wollten OBEN einen ganz ausgeprägten eigenen Look geben, der sich von allen anderen Pixar-Filmen unterschied“, fügt Produzent Jonas Rivera an. „Der Film ist von Künstlern wie Mary Blair, George Booth und den Kinderbuch-Illustrationen von Martin Provensen inspiriert. Pete wollte, dass der ganze Film einen karikaturenhaften Look bekommt. Beispielsweise orientierten wir uns überhaupt nicht an echten Menschen oder Kleidern. Wir sahen uns Hank Ketchams ,Dennis the Menace‘-Comics an und untersuchten seinen Stil. Er konnte mit zwei simplen Strichen eine Falte in der Schürze der Mutter darstellen. Unser Produktionsdesigner Ricky Nierva erfand einen neuen Begriff, um den einzigartigen Stil unseres Films zu beschreiben.“

„,Simplexität‘ fiel mir dazu ein, um die Essenz zu verdeutlichen, einfach und komplex zugleich“, sagt Nierva. „Es sollte alles simpel gehalten werden, ohne billig auszusehen. Mit CGIs lassen sich so viele Details darstellen, die zur Glaubwürdigkeit beitragen. Aber uns schwebte ja gar kein realistischer Film vor, wohl aber etwas Handfestes, Greifbares. Die Menschen sollten Karikaturen sein, aber auch nicht so sehr, dass die Zuschauer nicht mehr mit ihnen mitfiebern würden.“

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Das Design der beiden Hauptfiguren – Carl und Russell – geht auf einen simplen Kreis und ein Viereck zurück. „Es gehört zur ,Simplexität‘, sagt Nierva, „dass man die Dinge auf ihren Ursprung reduziert, auf das Wesentliche. Ein Viereck symbolisiert die Vergangenheit, der Kreis steht für die Zukunft. Vierecke sind statisch wie eine Mauer. Sie sind unverrückbar und unbeweglich, und Carl ist seit dem Tod seiner Frau Ellie ebenfalls gefangen. Carl ist außerdem die erste Figur, die wir von der Kindheit bis zum Greisenalter animiert haben. Als Kind ist er rundlich, hat mehr Kurven. Ellie ist ebenfalls eher rundlich. Je älter Carl wird, umso starrer und unbiegsamer wird er. Russell ist eiförmig und besteht ausschließlich aus Kurven, was seine Tatkraft und Energie symbolisiert und unterstreicht.“

Die Farbgestaltung war ebenfalls sehr wichtig für das Design. Dazu Nierva: „Der Film beginnt mit einer schwarzweißen Wochenschau, was uns dazu brachte, unsere Geschichte auch anhand der Farben zu erzählen. Für den Teil der Geschichte, als Ellie noch lebt und Carl äußerst vital ist, verwenden wir satte, kräftige Farben. Nach ihrem Tod wird alles blass, fast wieder schwarzweiß. Außerdem gibt es eine Farbe, die Ellie symbolisiert: Magenta. Den ganzen Film hindurch erinnern magentafarbene Blumen und Farbschattierungen des Himmels an sie. Als Carl sich völlig aus der Welt zurückzieht, verschwinden auch die Farben. Erst als Russell auftaucht und sein ganzes Leben durcheinander bringt, kehren auch die Farben zurück. Jedes Mal, wenn eine neue Figur Carls Leben bereichert, wird der Film bunter.“

ANIMATION UND SCHAUSPIELEREI

Stilisierte Figurengestaltung und inspirierende Sprecher machen die Figuren von OBEN lebendig

Das extrem karikaturenhafte Design der Figuren in OBEN stellte Pixars Animatoren, Designer und Techniker vor gewaltige Herausforderungen. Carl musste die ganze Palette menschlicher Gefühle nuanciert ausdrücken können, obwohl er eigentlich nur aus einem drei Köpfe hohen Viereck besteht. Russell, ein eiförmiger Junge ohne Kinn, dafür in so viele Lagen von Klamotten gepackt wie keine Pixar-Figur vor ihm, bereitete ihnen ganz andere Schwierigkeiten.

Scott Clark war der Supervising Animator des Films, er wurde von drei Directing Animators – Dave Mullins, Shawn Krause und Mike Venturini – und einem Team unterstützt, das in der heißen Phase auf fast 70 Animatoren anwuchs. Auf der technischen Seite überwachte Thomas Jordan als Character Supervisor die Modellierung, den Aufbau, die Schattierung, die Kleider und die Frisuren der Figuren.

SO ENTSTAND CARL

„Pete wollte, dass Carl ein alter Mann ist, der buchstäblich in seinem Anzug zusammengeschrumpft ist und jetzt darin quasi herumschwimmt“, sagt Clark. „Da gab es nur ein Problem: Dadurch sah Carl aus, als hätte er weder Knie noch Ellbogen. Deshalb mussten wir uns einiges einfallen lassen, um die Bewegung in seiner Kleidung zu zeigen. Wir entschieden uns dafür, seine Arme und Beine zu verlängern, damit man die Falten sehen konnte. Ich glaube, er ist das Karikaturenhafteste, das wir jemals gestaltet haben. Es spricht für unsere Animationscrew, dass es ihr tatsächlich gelungen ist, komplexe Emotionen aus Carl und Russell herauszuholen, die über ,niedlich‘ oder ,glücklich‘ weit hinausgehen. Es gibt da ein paar wirklich rührende Szenen und große Schauspielkunst.“

„Was Menschen betrifft, ist Carl definitiv die komplizierteste Figur, die Pixar jemals erfunden hat“, sagt Jordan. „Sein Gesicht ist das Anspruchsvollste, das wir je gestaltet haben. Es steckte voller technischer Herausforderungen. Bei jedem Film gelangen wir irgendwann an den uralten Gegensatz von Form und Funktion. Wenn die Designer und das Art Department die Figuren entwickeln, sind sie sich oft nicht bewusst, wie sehr ein Design möglicherweise die Animation beschränkt. Deshalb ist es sehr wichtig, die Animatoren sehr früh in den Entwicklungsprozess einzubinden. Pete und sein Team wollten, dass die Animation, genau wie die anderen Aspekte des Films, eher simpel gehalten wird“, führt Jordan weiter aus. Beispielsweise hat Carl keine Nasenlöcher und keine Poren in der Haut. Es gibt keine Löcher in seinen Ohren. Das Schwierige war, eine Balance zwischen Einfachheit und Realismus zu finden. Wir mussten ganz schön herumexperimentieren, damit die Dinge glaubwürdig wirkten, ohne zwangsläufig realistisch auszusehen.“

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RUSSELLS VERSCHIEDENE SCHICHTEN

Auch Russell stellte die Animatoren vor einige Probleme, wie der Supervising Technical Director Steve May berichtet. „Russell war schwierig, weil er komplett von einem Kleiderwulst umhüllt ist. Er ist ein Pfadfinder, und dazu gehören ein Halstuch samt Knoten, seine ganzen Abzeichen und dieser Rucksack – er sieht aus wie ein „Outdoor Shop“-Kunde nach einem Kaufrausch: komplett vollgepackt mit diesem ganzen Überlebenskrempel.“ „Russell hat eigentlich keinen Hals“, ergänzt Jordan. „Trotzdem mussten wir ihn so animieren, dass es korrekt aussah. Dann entdeckten wir, dass schon geringfügige Verschiebungen der Augen, der Nase und des Mundes ihn zu alt oder zu jung wirken ließen. Erst als wir die richtige Balance zwischen Einfachheit und vielschichtigen Details fanden, gelang uns der Durchbruch. Wir mussten sein Kinn betonen, um die karikaturenhafte Eiform herauszustellen. Wir legten den Akzent auf Aussehen, Anmutung und Bewegungen des Kinns, und plötzlich war es genau das, was sein Gesicht unabhängig vom Körper definierte.“

KEVIN, TECHNISCH GESEHEN

„Kevin basiert nicht auf einer einzigen Vogelart, sondern ist eine Mischung verschiedener Vogelarten“, sagt Docter, der ihn als prachtvoll und gleichzeitig trottelig beschreibt. „Sogar Adler wirken so stattlich und majestätisch, und dann machen sie plötzlich etwas völlig Bescheuertes.“

Das Design des Vogels war allerdings nicht ganz so einfach. „Es veränderte sich mehr als bei jeder anderen Figur des Films, weil Kevins Bedeutung in der Story immer weiter wuchs“, sagt Jordan. „Dabei waren Körpergestalt und Aufbau der Figur gar nicht so schwierig, aber die Federn. Das Publikum sollte beim ersten Anblick sofort wissen, warum Muntz diesen Vogel seit fünfzig Jahren sucht. Pete und Ricky wollten, dass Kevin in allen Regenbogenfarben schillert, wie man es im wahren Leben noch nie gesehen hat, aber ohne unglaubwürdig zu wirken. Wir recherchierten und fanden viele verschiedene Vögel mit ähnlichen Charakteristika, darunter auch den Glanzfasan, der im Himalaya vorkommt. Für die Gestaltung des Gefieders mussten wir ganz neue Haar-Programme entwickeln. Wir haben in der Vergangenheit zwar in den meisten Filmen Haar dargestellt, doch niemals Federn. Eine Feder ist wie Haar, das auf einem Kiel wächst, und jeder Kiel muss sich wiederum wie ein Haar verhalten. Es ist also wie Haare, die auf Haaren wachsen. Wir mussten unser ganzes Haar-Equipment völlig überarbeiten, um diese Federn zu animieren.“

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DUG IN DER ORIGINALFASSUNG

Die Stimme des simpel gestrickten Dug fanden die Filmemacher in ihren eigenen Reihen. Ko-Regisseur/Ko-Autor Bob Peterson sagt, er wusste, er würde den Golden Retriever selbst sprechen, nachdem er dessen erste Dialogzeilen geschrieben hatte. „Mit als Erstes sagt er: ,Ich habe dich jetzt schon schrecklich lieb.‘ Das stammt noch aus meiner Zeit als Freizeitcamp-Betreuer in Ohio in den frühen 1980er Jahren. Gleich in der ersten Woche rannte ein Kind auf mich zu, umarmte mich und sagte: ,Du bist mein Camp-Betreuer! Ich habe dich lieb!‘ Das war der Schlüssel zu Dugs Persönlichkeit. Dug ist ein wandelnder Bewusstseinsstrom von allem, was unseres Erachtens ein Hund vermutlich denkt. Er ist sehr gefühlvoll und lieb und sich dessen, was um ihn herum vorgeht, meist herzerfrischend unbewusst.“

Dieser Bewusstseinsmangel findet sich auch in seinem Design wieder. Dazu Jordan: „Dug sollte sehr flauschig aussehen, niedlich und ein bisschen moppelig. Er ist etwas übergewichtig, merkt es aber selbst nicht. Er hält sich für so gesund und kräftig wie all die anderen Hunde – so ähnlich wie Chris Farley in der ,Chippendales‘-Parodie bei Saturday Night Live.“ Aber, so Jordan weiter, ebenso wie die anderen Hunde sei Dug ein richtiger Hund und kein sprechender. „Die Hunde sollten sich wie echte Hunde verhalten“, sagt er. „Es war Pete sehr wichtig, dass sie nicht wie Menschen wirken und dass sie nicht wirklich sprechen können. Das übernehmen die Hightech-Halsbänder für sie.“

DIE UMSETZUNG VON „OBEN“

Ein neuer Höhenflug für Pixars Technikteam

Mit OBEN ist es Pixar einmal mehr gelungen, die Anforderungen der Filmemacher hinsichtlich Stil, Look und Ausmaß des Projektes zu erfüllen, um die Geschichte bestmöglich zu erzählen. „Eine der schwierigsten Aufgaben war es, die Ballons zu animieren, die Carls Haus nach Südamerika tragen“, sagt Steve May, Supervising Technical Director des Films. „Es war wichtig, dass sie möglichst echt wirken. Unsere Ballons verhalten sich sehr real, obwohl der Gedanke, mittels Luftballons ein Haus schweben zu lassen, ziemlich absurd ist. Wir sind keine Physiker, aber einer unserer technischen Leiter errechnete, dass man zwischen zwanzig und dreißig Millionen Luftballons bräuchte, damit Carls Haus abhebt. Bei uns hängt das Haus in den meisten Flugszenen an 10.297 Ballons; bei der Start-Szene sind es 20.622. Die Zahl der Ballons variiert von Szene zu Szene, je nach Kamerawinkel, Entfernung und Finetuning, so dass es immer möglichst interessant, glaubwürdig und visuell simpel erscheint.“

„Aber die Frage der Ballonzahl war nur der Anfang“, fügt May an. „Diese tausende Luftballons mussten auf ganz normale physikalische Kräfte reagieren wie Auftrieb und Wind. Dann sollten sie wie echte Ballons alle aufeinander reagieren, jeder einzelne auf die 10.000 anderen. Zusätzlich ist jeder Ballon mit einer Schnur am Haus befestigt, und diese Schnüre sollten alle aufeinandertreffen und die anderen Ballons treffen. Das alles ergibt einen hoch komplizierten Simulationsvorgang, vermutlich den komplexesten, mit dem wir es bei Pixar jemals zu tun hatten. Unser Effekt-Team musste Schwerstarbeit leisten.“

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Als wäre das noch nicht aufwändig genug, kamen dann die Charaktere im Haus hinzu. „Es war geradezu überwältigend, die Muster zum ersten Mal zu sehen“, sagt May. „Da haben wir zwei Pixar-Figuren mit komplexeren Kleidern als jemals zuvor. Die Figuren an sich sind schon kompliziert genug, aber dann hängen sie auch noch an den Seilen eines Hauses, das seinerseits an den Ballons hängt, und alles muss aufeinander reagieren. Es ist ein geschlossenes System, bei dem alles ineinandergreift: Bewegt man ein Element, beeinflusst es alle anderen.“ Darüber hinaus musste May mit seinem Team auch Gruppenszenen wie die Hundemeute animieren,  Kleiderbewegungen und einen Wasserfall, der dreimal größer ist als der größte der Welt (Angel Falls in Südamerika).

Der Job des Kameramannes teilt sich bei Pixar und in der Computeranimation allgemein in zwei unterschiedliche Aufgabenfelder. Patrick Lin war Director of Photography for Camera, wozu die Überwachung sämtlicher Kamerabewegungen und der Layouts zählt. Jean-Claude Kalache, seit 13 Jahren bei Pixar, war der Director of Photography for Lighting. In enger Zusammenarbeit mit den Regisseuren und den anderen Mitgliedern des Kreativ-Teams halfen die beiden Kameramänner dabei, OBEN eine atemberaubende Optik, Weite und ein Abenteuer-Feeling zu geben. „Pete hatte ganz klare Vorstellungen von dem Film. Er wollte, dass das Licht sehr theatralisch und kontrolliert eingesetzt wird“, sagt Kalache. „Das bedeutete, die Aufmerksamkeit der Zuschauer mit der Lichtsetzung auf das zu lenken, was in der jeweiligen Szene wichtig ist, und im Dunkeln zu lassen, was die Zuschauer nicht beachten sollten. Dreht man einen Film, bei dem sich die Kamera permanent in Bewegung befindet, dann ist das ziemlich schwierig, weil jedes Bild so betrachtet werden muss, als würde das Publikum den Film aus diesem Winkel sehen.“

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Patrick Lin und sein Team mussten sich mit diversen bildkompositorischen Problemen herumschlagen, beispielsweise mit Figuren mit großen Köpfen, Szenen, in denen ein extrem großer Vogel und viel kleinere Hunde mitspielten, eine epische Szene, in denen Luftschiffe und Hunde in Doppeldeckern vorkamen. Als Fan des klassischen japanischen Kinos ließ sich Lin von legendären Filmemachern wie Kurosawa (und speziell seinem Film „Ikuru – Einmal richtig leben“, 1952) und Ozu inspirieren, der oft eine minimalistische Filmsprache wählte und ein einziges 50-mm-Objektiv benutzte. „Unser Ziel war es, mit den Kameras in erster Linie die Gefühle der Figuren einzufangen“, sagt Lin. „Am Anfang läuft alles auf den Moment hinaus, in dem sich Carl völlig zurückzieht und isoliert. Wir benutzten die Kinematografie, um ihn auch unterbewusst zu isolieren. Weil sein Leben völlig zum Stillstand kommt, haben wir diese Szenen mit einem 50-mm-Objektiv gedreht. Selbst als Russell erstmals auftaucht, gibt es eine sichtbare Trennung zwischen Carl und den anderen Figuren, beispielsweise einen Türpfosten. Als die Schatten der Ballons auftauchen und das Haus abhebt, bewegt sich auch die Kamera; wir versuchten, damit die Gefühle der Szene wiederzugeben.“

Besonders gern arbeiteten Lin und sein Team am Höhepunkt gegen Ende des Films, der Luftschiffschlacht. „Ich halte das für den besten Kampf zwischen alten Männern in der ganzen Filmgeschichte. Luftschiff gegen Haus. Carl hat seine Krücke und Muntz ein riesiges Schwert. Wir haben in der Szene sehr viel mit der Handkamera gearbeitet – ausgesprochen dynamisch, das Ganze.“

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alle Bilder © by Disney/Pixar

„Final Destination 4“ ist der erste Teil der Horrorfrachise, die in nativem 3D und HD gefilmt wurde. Die Verfahren gibt es zwar schon seit Jahrzehnten, dennoch ergeben sich einig technische Herausforderungen. Die heutige High-Definition-3D-Technologie wurde mithilfe des PACE Fusion System entwickelt und macht so einen Quantensprung möglich – dem Kinozuschauer bietet sich eine völlig neue Perspektive und Bildtiefe, die das Publikum in eine neue Dimension katapultiert.

Produzent Craig Perry beschreibt die Verwendung der revolutionären Technik des Fusion Systems in „Final Destination 4“ als ganz neues Spiel: „Diese Serie bietet sich aufgrund der Versatzstücke für 3D geradezu an. Wenn die Leute sich jetzt ,Final Destination 4‘ anschauen, erleben sie die Handlung nicht vor sich oder auf ihrem Schoß, sondern auch um sich herum. Sie tauchen völlig in das Filmbild mit seiner eigenen Welt ein.“

Ellis, der bereits „Final Destination 2“ inszeniert hat, fühlt sich besonders von dem Pioniergeist animiert, mit dem er das Publikum in das interaktivere Erlebnis einführt. „3D hat für mich eindeutig den Ausschlag gegeben“, sagt er. „Mir war sofort klar, wie perfekt sich der Stoff für die Technik eignet, und ich wollte mich unbedingt in sie einarbeiten. Ich habe das Thema lange recherchiert, und als ich erfuhr, dass Vince Pace und James Cameron hinter Fusion 3D stecken, war mir klar: Das funktioniert.“ Vince Pace, der schon lange mit Cameron zusammenarbeitet, hat leidenschaftlich an seiner Vision gearbeitet. Er berichtet, dass Fusion 3D nicht nur eine Dienstleistung erbringt oder Experten zur Verfügung stellt – er sieht das Engagement seiner Firma als kreative Partnerschaft: Die Filmemacher arbeiten auf allen Produktionsebenen Hand in Hand mit PACE.

Kameramann Glen MacPherson erklärt für Laien verständlich, wie das Konzept 3D funktioniert. „Um 3D-Bilder zu filmen, braucht man zwei Kameras: Eine steht für unser rechtes Auge, die andere für das linke“, sagt er. „Beide muss man auf dasselbe Objekt richten können – das nennt man Konversion. Die beiden Bilder aus jeweils etwas versetztem Blickwinkel werden mithilfe der 3D-Brille zu einem Bild vereint – genau wie beim menschlichen Auge – um so eine räumliche Wahrnehmung zu ermöglichen.“ Aus MacPhersons Sicht war die Arbeit des Kamerateams bereits vorgezeichnet: „Dies unterscheidet sich total von der Arbeit an einem herkömmlichen 2D-Film“, sagt er emphatisch. „Man muss jede einzelne Einstellung viel intensiver planen, damit sie in 3D funktioniert.“

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Neben den Sony-F23-Kameras – die erstmals für 3D-Aufnahmen mit den nur fünf vorhandenen, speziell für 3D eingerichteten Ausrüstungen eingesetzt wurden – konnte das Team beim Dreh die exklusive mobile PACE-Fusion-Post-Production-Einheit verwenden. Sie besteht aus einem normalen Wohnwagen und erlaubt dem Regisseur und seinem Team, jede beliebige Aufnahme sofort in perfekter 3D-Qualität anzuschauen und zu überprüfen. Durch diese Möglichkeit konnten Ellis und MacPherson jede Unstimmigkeit durch etwaige Wiederholungen der Aufnahme sofort korrigieren, bevor sie sich der nächsten Szene zuwandten. MacPherson beschreibt genauer, wie wertvoll die mobile Arbeitseinheit ist: „In dem Wohnwagen befindet sich ein Projektionssystem für 3D. Wir konnten also eine Testaufnahme machen, zum Wohnwagen laufen und sofort sehen, ob der Effekt so aussah, wie wir ihn uns vorstellten. Im 3D-Verfahren gibt es immer Unvollkommenheiten. Wenn ein Bild also vertikal etwas verrutscht oder ein Zoom sich verschoben hatte, konnten wir das sofort ausgleichen. Das erlaubte uns, erheblich schneller zu drehen – in der Gewissheit, jeden Patzer sofort korrigieren zu können.“

Sobald die Schauspieler auf den Geschmack gekommen waren, die Szenen im Wohnwagen anzuschauen, setzten sie sich dort regelrecht fest, aber laut Mykelti Williamson galt das nicht nur als „ultracool“, sondern half den Darstellern auch sehr bei ihrer Arbeit. „Ich habe versucht, nicht allzu oft in den Wohnwagen zu gehen, aber es hat mir wirklich geholfen, mich in die 3D-Welt einzugewöhnen“, erinnert sich Williamson. „Wenn man erstmal begriffen hat, wie sehr sich die Wahrnehmung dadurch verändert, findet man diese neue Welt derart spannend, dass man am liebsten sofort weiterdrehen möchte, um danach wieder neue Szenen sehen zu dürfen. Bei dieser Technik und der Weiterentwicklung der Brillen vergisst man ganz, dass man sie trägt – stattdessen hat man den Eindruck, das Leben der Helden direkt mitzuerleben, nur dass die gar nicht merken, dass wir zuschauen. Ich war schwer beeindruckt.“

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Ellis machte sich ursprünglich als einer der angesehensten Regisseure des 2. Drehteams einen Namen – seine Spezialität waren große, spektakuläre Action-Sequenzen. Bei „Final Destination 4“ setzt er die 3D-Technik ein, um hautnah in die Action einzusteigen. Dazu gehört auch die Eingangssequenz beim Autorennen.
MacPherson berichtet: „David möchte, dass der Film möglichst gut unterhält und Spaß macht, ohne dass er von der 3D-Technik dominiert wird. Wir mussten uns etwas überlegen, damit diese Actionszenen funktionieren, und das war gar nicht so einfach. Wir mussten die großen 3D-Kameraeinheiten manchmal in sehr engen Räumen unterbringen. Wir montierten sie auf eine Steadicam oder benutzten sie als normale Handkamera, filmten unter Wasser in einem Swimmingpool, stürzten sie an einer Halteleine von Hausdächern, filmten in unmittelbarer Nähe von Feuer und Explosionen, und bei den Rennsequenzen montierten wir diese Kameras auf einen Kranausleger, der auf dem Kamerawagen mit 150 km/h über die Piste bretterte. Wir haben diese Kameras auf vielerlei Arten eingesetzt, die für 3D-Kameras sicher eine Premiere darstellen – für diese neuen Modelle war es auf jeden Fall ein Debüt.“ „Schon vor Beginn der Dreharbeiten montierten wir Kameras auf Wagen und filmten damit auf einem leeren Parkplatz am Vergnügungspark Magic Mountain in Los Angeles, um zu sehen, wie sie reagierten, weil die große Eingangssequenz ja beim Autorennen spielt. Wir merkten, dass die Vibration der Wagen den Bildabgleich der beiden Kamerabilder stört, weil sie sehr empfindlich sind – wir konnten die Kameras daher nicht einfach auf die Rennwagen montieren. In den meisten Fällen montierten wir sie auf einen speziellen Wagen, auf dem wir sie stabilisieren konnten. Aber aufgrund dieser Tests verloren wir durch die Ausrüstung keinen einzigen Drehtag“, sagt Ellis. „Das sagt eine Menge aus über das Engagement der Crew und Vinces Unterstützung.“

Der Tod lässt sich nicht austricksen … und High Definition auch nicht. Alle Produktionsabteilungen, darunter die Maske, die Spezialeffekte, die visuellen Effekte und die Ausstattung, mussten sich auf die HD-Bilder in 3D besonders vorbereiten. Während der Dreharbeiten war Mike McCarty für die speziellen Masken-Effekte zuständig. Für ihn ergaben sich durch die neue Technik eine ganze Reihe von Problemen, angefangen natürlich mit dem Filmblut. „Auf HD sehen die Farben anders aus als auf normalem Film“, berichtet McCarty. „Auf HD tendiert alles mehr zu Orange-Tönen. Am Anfang sah unser Blut also eher so aus wie das alte Blut, das man in den 1970ern und 1980ern verwendete. Wir mussten alles dunkler tönen, bis es fast wie getrocknetes Blut aussah. Normalerweise intensiviert man im Film die Farben, um sie theatralischer und auffälliger wirken zu lassen und gerade nicht so, wie sie für das normale Auge erscheinen. Aber HD hat von sich aus genau diesen Effekt: Alles wirkt intensiver.“

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Produktionsdesigner Hinkle musste ebenfalls genau überlegen, wie er die Sets so gestaltete, dass sie sich möglichst praktisch filmen ließen und trotzdem den untrüglichen Kameraaugen der 3D-/HD-Ausrüstung genügten. „Das war anfangs ein riesiges Problem. Zunächst machten wir eine Reihe von Testaufnahmen, um ein Gefühl für den Raum zwischen der Kamera, den Darstellern und den Kulissen im Hintergrund zu bekommen, zwischen den seitlichen Wänden und dem Vordergrund. Mit der Zeit stimmten Glen McPherson und ich uns immer genauer ab, und das Ergebnis war, dass die Sets immer größer wurden. Und wenn ich größer sage, meine ich das im physikalischen Sinn. Wir dehnten sie aus, um vor allem Raum zwischen der Kamera und dem Schauspieler und den sonstigen Gegenständen auf dem Set zu schaffen. Manche wunderbaren Sequenzen entwickelten sich auf diese Weise zu sehr aufwändigen Unternehmungen.“ Perry fügt hinzu: „HD lässt sich leider gar nicht überlisten: Man sieht jedes Detail. Ein Beispiel: In Massenszenen werden echte Statisten manchmal durch Pappkameraden oder aufblasbare Puppen ersetzt. Aber auf den 3D-Bildern sehen die Pappkameraden tatsächlich flach aus und auf HD wirken die Puppen unecht, obwohl sie ja dreidimensional sind. Das Leinwandbild ist absolut scharf und klar. Da kann man einfach nicht tricksen.“

Sowohl 3D also auch HD sind Techniken, die auf der Leinwand größtmögliche Realität garantieren sollen, denn je lebensechter die Bilder wirken, desto direkter wirken sie auf unsere Sinne. Der für die visuellen Effekte verantwortliche Erik Henry merkte schnell, dass er aufgrund der 3D-Bilder auch seine Arbeit von Grund auf neu überdenken musste. „Aus den Gesprächen mit Vince Pace erfuhr ich, dass die Zukunft der 3D-Bilder weniger mit Spielereien zu tun hat, etwa den Objekten, die man auf die Zuschauer zufliegen lässt“, sagt Henry. „Stattdessen geht es jetzt darum, Einstellungen auch in der Tiefe so zu konstruieren, wie wir sie wahrnehmen, wenn wir sie live erleben würden. 3D-Bilder sind deshalb interessant, weil sie die Bilder realistischer machen. 20 Jahre lang habe ich mich mit 2D-Bildern beschäftigt, doch selbst die winzigsten Details, die man für selbstverständlich hält, funktionieren in 3D nicht unbedingt“, stellt er fest. „Deshalb war es für uns so schwierig, die Einstellungen mit den visuellen Effekten zu planen. Normalerweise lösen wir das mit einem eingefügten Matte-Bild, oder wir entfernen etwas aus dem 2D-Bild. Doch jetzt arbeiten wir gleichzeitig mit zwei Kameras in unterschiedlichen Positionen. Deshalb muss man auch das Matte-Bild ganz anders gestalten, und die Artefakte des entfernten Objekts müssen auch in der zweiten Kamera, also im ‚Auge‘ entfernt werden. Anders gesagt: Es gibt keine einfache Methode, die Arbeit an einem Auge einfach auf das andere Auge zu übertragen.“

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Trotz der größeren Herausforderung erlebte Henry die Zusammenarbeit der Experten für visuelle Effekte mit den Stuntleuten, den Fachleuten für Spezialeffekte, den Maskenbildnern und den übrigen Teammitgliedern als lohnende Erfahrung: „Die Einstellungen mit den visuellen Effekten sind zwar unglaublich kompliziert, aber zum Glück kann ich mich auf die Kollegen aller anderen Abteilungen verlassen. Alle ergänzten sich prächtig, und wir mussten gemeinsam die optimale Lösung erarbeiten.“

Obwohl die 3D-Experimente aus technischer Sicht spannend waren, bestanden die Filmemacher darauf, dass die 3D-Elemente im Drehbuch, in der Entwicklung der Figuren auf keinen Fall zu sehr in den Vordergrund rückten. Der Film sollte wie ein ganz normaler 2D-Film wirken. Deshalb drehten sie im Grunde zwei Filme: einen auf 2D und einen auf 3D. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass noch nicht alle Kinos 3D-Filme zeigen können“, sagt Ellis. „Unterm Strich heißt das für mich, dass es in diesem Film wie immer um eine tolle Story geht – und um Figuren, mit denen wir mitfiebern. Auch in 2D muss der Film funktionieren. Wenn er uns in 2D gruselt, dann stehen uns in 3D die Haare zu Berge.“

Perry ergänzt: „Vince Pace gelang es, unserem gesamten Team seine Philosophie nahe zu bringen, wie man Bilder aufbaut und Geschichten erzählt – das kommt diesem Film sehr zugute. Es ist zwar cool, wenn Dinge aus der Leinwand auf uns zufliegen, aber 3D muss sich dem Erzählfluss unterordnen, darf nicht nur als Gag eingesetzt werden. Man muss bei der Verwendung sehr strategisch vorgehen.“ Die Filmemacher merkten, wie die Einstellungen derart an Tiefe gewannen, dass sie absolut lebensecht wirkten. Zum Beispiel erzählt Williamson alias George dem Paar Nick und Lori aus seinem Leben. „Man hat den Eindruck, dass man neben ihm auf dem Sofa sitzt und ihm zuhört. Die Zuschauer wissen ja noch gar nicht, wie überzeugend 3D auch in solchen ruhigeren Szenen wirken kann“, sagt Ellis. Autor Eric Bress stellt fest: „Solche Filme schaut man sich am besten in einem vollen Kino an, denn sowohl das Gruseln als auch das Lachen steckt an. Das gilt heute mehr denn je, denn die Zuschauer werden mitten in das Geschehen versetzt – in der überhöhten Realität des Films werden sie noch unmittelbarer in das Reich des Todes gezogen.“

Das Teaser-Plakat zu „The Hole 3D“ habe ich euch bereits geliefert, heute gibt es noch ein paar Einblicke in die Produktion von Dantes neuestem Film. In den Featurettes kommen natürlich der Regisseur Joe Dante, Artdirector Carl Mason, 3D Stereographer Max Penner, der Vizepresident von Bold Films Jonathan Oakes und weitere zu Wort. Und selbstverständlich gibt es erste Szenen des Films zu sehen.

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(via Movieset)

"Coraline" verbindet StopMotion mit modernster 3D-Technik

"Coraline" verbindet StopMotion mit modernster 3D-Technik - © Universal

Coraline ist der erste Stop-Motion-Animationsfilm, der vollständig in stereoskopischem 3D gedreht wurde, und bietet dem Zuschauer, so Henry Selick, „die einmalige Erfahrung, vollständig in eine dreidimensionale Erlebniswelt einzutauchen“. Coraline startet am 13. August 2008 in unseren Kinos, natürlich in ausgewählten Kinos in einer stereoskopischen Fassung.

Als allererster 3D-Stop-Motion-Film gilt John Norlings Kurzfilm „In Tune with Tomorrow“, der ursprünglich für die Weltausstellung 1939 in New York produziert wurde. Über die Jahrzehnte entwickelten sich beide Verfahren unabhängig voneinander weiter und eroberten ihren Platz in der Geschichte der Kinoindustrie und Filmmagie. Vor wenigen Jahren übertrug Walt Disney Pictures Selicks Stop-Motion-Spielfilm „The Nightmare Before Christmas“ aus dem Jahr 1993 auch in das 3D-Format.

Nachdem Kameramann Pete Kozachik bei der Bearbeitung des Films zu Rate gezogen wurde und das Ergebnis gesehen hatte, gab er dem Verfahren grünes Licht. 2006 kam die neue 3D-Digitalversion heraus und war so erfolgreich, dass der Film seither jeden Herbst wieder in die Kinos kommt. Selick offenbart: „Als ich „Nightmare“ und „James und der Riesenpfirsich“ drehte, haben wir schon etwas mit 3D experimentiert. Ich bin mit Lenny Lipton befreundet, der mit dieser Technologie führend ist und jetzt bei RealD arbeitet.“

Regisseur Henry Selick mit Stopmotion-Figur Coraline

Regisseur Henry Selick mit Stopmotion-Figur Coraline - © Universal

„So um das Jahr 2004 herum sah ich Lennys neueste Entwicklungen in diesem Bereich. Bill Mechanic und ich stellten fest, dass die 3D-Erfahrung Coralines Geschichte am Besten zur Geltung bringen würde. Seither sind die Digital-Projektion, das RealD-Verfahren und die neuen stereoskopischen Systeme immer eindrucksvoller geworden – die aktuellen Brillen sind sogar bequemer!“ Auch Neil Gaiman war beeindruckt: „Das erste Mal, als ich das 3D-Material von „Coraline“ sah, blieb mir der Mund offen stehen. Noch nie hatte ich so tolle 3D-Szenen gesehen – und der Realismus der Stop-Motion-Animation wirkt wie ein echter Spielfilm.“

Lipton arbeitet seit 1972 an der Weiterentwicklung des 3D-Verfahrens. RealD Cinema ist eine digitale Projektionstechnologie mit hoher Auflösung, die anders als frühere Systeme nicht zwei Projektoren braucht. RealD verwendet einen einzigen Projektor, der abwechselnd das Frame für das linke und dann für das rechte Auge projiziert. Jedes Frame wird drei Mal in hoher Geschwindigkeit projiziert, was das Flackern der Bilder verringert und eine fließende Bilderabfolge ermöglicht. Durch die speziellen Brillen betrachtet, die jedem Auge nur „seine“ Bilder zeigen, ist das Ergebnis eine nahtlose Reihe von 3D-Bildern, die sich auf sämtliche Ausmaße der Leinwand erstrecken – aber nie darüber hinaus. Kozachik sagt: „3D funktioniert endlich ohne Einschränkungen, zum großen Teil Dank der digitalen Projektion – eine Linse, ein Projektor.“

Auf Einladung von Selick stattete Lipton LAIKA einen Besuch ab, um eine Reihe von Seminaren zu dieser neuen stereoskopischen Technologie abzuhalten; der Regisseur gibt zu, dass es für die Produktion noch während der Arbeit viel zu lernen gab. „Ausschlaggebend für dieses 3D-Erlebnis“, sagt er, „war, die Essenz dieser Miniaturwelten einzufangen, indem wir zwei Bilder für jeden Frame fotografierten – eines für das linke und eines für das rechte Auge. Also zwei Bilder, aber nicht zwei Kameras.“

Lead Animator Travis Knight bei einer Szene

Lead Animator Travis Knight bei der Arbeit - © Universal

Dennoch waren auf den 52 verschiedenen Stages bei LAIKA ständig sieben einzelne 3D-Kameras im Einsatz. Kozachik meint: „Es war der komplizierteste Stop-Motion-Dreh, bei dem ich je dabei war. Es sind doppelt so viele Einstellungen – rund 1.500 – in „Coraline“ wie davor in „Nightmare“. Man könnte sagen, dass es sieben Second Units und keine First Unit gab – oder aber, dass es eben sieben First Units waren. Ich war am Anfang einer Sequenz dabei und habe Anweisungen zur Beleuchtung oder Anpassung des Sets gegeben – dann über-nahm die jeweilige Unit. Die Monitore am Stage geben immer einen guten Eindruck davon, was schließlich auf der Kinoleinwand zu sehen sein wird.“

„Meine Priorität waren die Stages, die gerade ihre Arbeit aufnahmen oder „hot spot“-Fragen hatten. Schon vor langer Zeit habe ich gelernt zu delegieren.“

Mit einer einzigen 3D-Kamera wird das gleiche Frame zwei Mal fotografiert, bevor man an das nächste Frame geht. Die Kamera wird so programmiert, dass sie sich nach links und rechts dreht, um jedes Frame für das jeweilige Auge einzufangen. Die Auswahl eine „Machine Vision“-Kamera, die sonst bei Industrie-Robotern eingesetzt wird, gab den Filmemachern mehr Flexibilität in den Kamerabewegungen und die Freiheit, sich bei Nahaufnahmen dreidimensional um die Figuren herum zu bewegen.

Außerdem, so Selick, stellte man fest, dass „man für 3D den Abstand zwischen der Linse und dem Subjekt normalerweise so einstellt, wie es dem menschlichen Auge entspricht. Da wir aber mit Miniatur-Figuren gedreht haben, spürten wir, dass wir diesen Abstand verkürzen konnten.“

Assistenz-Kameraman Mike Gerzevitz vermißt die Bildtiefe

Assistenz-Kameraman Mike Gerzevitz vermißt die Bildtiefe - © Universal

„Wir wollten die Augen der Zuschauer näher zusammenbringen – entsprechend dem Abstand zwischen den Augen der Figuren im Film, damit man unmittelbar in deren Welt einsteigen kann“, so Kozachik. „So bekommen die Zuschauer die gleichen visuellen Hinweise wie in ihrem Alltag, aber nichts, was sie zum Schielen bringen würde.“

Selick erklärt: „Die heutige 3D-Technologie kann als ‚stereoskopisch’ bezeichnet werden, weil sich die Zuschauer alles mit beiden Augen anschauen können, wie man es als menschliches Wesen eben tut. Man bekommt ein Gefühl für Tiefe. RealD vermittelt die gesamte Stop-Motion-Welt, die wir als Filmemacher dem Publikum bieten möchten. Bei „Coraline“ setzen wir 3D ein, um das Publikum in die von uns erschaffene Welt eintauchen zu lassen und um die Energie zu vermitteln, die unsere Miniatur-Sets wirklich ausstrahlen. Darum geht es, und nicht nur um Gimmicks wie Dinge, die aus der Leinwand hervor schießen. Die haben wir zwar auch, aber sparsam eingesetzt.“ Kozachik fügt hinzu: „Solche Momente unterstützen die Story und wurden behutsam ins Drehbuch eingebaut. Man gab uns den Rat: ‚Man soll eher die Räume öffnen als dem Zuschauer Dinge ins Gesicht springen zu lassen.’“

Arbeiten am Stopmotion-Set

Arbeiten am Stopmotion-Set - © Universal

Zu diesem Zweck beschwört der Filmemacher auch die Mantras zweier seiner Mentoren, die Oscar-preisgekrönten Visual Effects Artists Dennis Muren und Phil Tippett, nämlich „eine Einstellung, ein Gedanke“ und „worum geht es in der Einstellung?“. Glücklicherweise stellte Kozachik fest, dass „wenn man erst einmal die Basics des stereoskopischen Verfahrens gemeistert hat, es sich zu einem weiteren Kamera-Werkzeug entwickeln kann – vorausgesetzt, es ist nicht das Einzige. Bei „Coraline“ haben wir es als Instrument eingesetzt, mit dessen Hilfe man die Geschichte erzählen kann.“

„Allerdings haben wir mit diesem stereoskopischen Verfahren auch Dinge getan – z.B. beim Fokus und der Tiefenschärfe – von denen man uns abgeraten hatte, und ich finde, alles ist gut gelungen. Wir wollten uns keine Patzer leisten; Henry und ich haben diesmal alles ziemlich auf die Spitze getrieben.“ Beide Welten in „Coraline“ sind in 3D zu sehen; erwartungsgemäß hätten die Filmemacher ihre Story in 2D beginnen können. Erst als Coraline die andere Welt betritt, hätten die Zuschauer dann ihre 3D-Brillen aufgesetzt. Selick war jedoch davon überzeugt, man sollte die Unterschiede zwischen den Welten in der gesamten Filmsprache und Erzählweise verankern. Er sagt: „In Coralines realer Welt haben wir die Sets etwas klaustrophobischer gestaltet. Die Farben sind ausgewaschener, denn ihr Alltagsleben soll eher fade wirken.“

eine digitale 3D-Kamera filmt die Konversation am Küchentisch

eine digitale 3D-Kamera filmt die Konversation am Küchentisch - © Universal

„Wenn sie die andere Welt betritt, sehen die Sets ganz ähnlich aus, sind aber insgesamt tiefer und bieten mehr Raum. Die Farben sind etwas kräftiger und wir bewegen die Kamera mehr. In ihrer realen Welt steht die Kamera fest und bildet eine Reihe von eher langweiligen Tableaus ab. Die „echte“ Welt wirkt wie eine Theateraufführung und die andere Welt daher so viel „realer“ auf sie – und auf die Zuschauer.“

Rillen für Schienen wurden in die Böden eingebaut und einige Wände waren abnehmbar, damit sich die Kamera bewegen konnte, wenn auch nur um jeweils einen Millimeter. Damit sich das Publikum besser mit Coralines Blickwinkel identifizieren kann, war die Kamera normalerweise tiefer als die Augenhöhe eines Erwachsenen.

Lead Animator Travis Knight kontrolliert das Framing

Lead Animator Travis Knight kontrolliert das Framing - © Universal

Die liebevoll ausgestalteten Details und üppige Ausstattung in der Arbeit der Filmemacher wird durch 3D noch hervorgehoben, obwohl „Coraline“ (wie gängige Filme) auch auf 2D konvertiert oder digital ausgedruckt werden kann. Obwohl „Coraline“ also auch in 2D gezeigt werden kann und wird, begeistert sich Dakota Fanning: „Mit der 3D-Brille sieht alles viel toller aus!“ Die Schauspielerin spricht aus Erfahrung: während einer Vorführung des vollendeten Filmmaterials lugte sie kurz unter ihrer 3D-Brille hervor – und stellte fest, dass der Filmgenuss mit Brille um einiges größer war. Sie fügt hinzu: „Selten findet man einen Film, den man sich immer wieder anschauen und in dem man jedes Mal neue Dinge entdecken kann. Ich bin stolz darauf, ein Teil davon sein zu dürfen und werde „Coraline“ immer behalten, um ihn auch meinen Kindern zu zeigen.“

Neil Gaiman (l.), Buchautor von "Coraline" und Regisseur Henry Selick (r.)

Neil Gaiman (l.), Buchautor von "Coraline" und Regisseur Henry Selick (r.) - © Universal

Regisseur Alex Winter dreht ein 3D-Remake des Films The Gate vom ungarischen Filmemacher Tibor Takács aus dem Jahr 1987. Könnte der erste deutsche 3D-Film in unseren Kinos werden. Naja, fast, es handelt sich um eine deutsch-britische Koproduktion.

Horror aus dem Hintergarten: drei Kinder entdecken nach dem Fällen eines alten Baumes ein seltsames Loch. Durch die Beerdigung ihres Hundes öffnen die Kinder versehentlich ein Tor direkt zum Bösen: Dämonen einer alten vergangenen Kultur werden entfesselt. Und sind auf der Suche nach zwei Menschenopfern, um deren Welt zu beherrschen. So entwickelt sich ein Kampf zwischen Gut und Böse, im dem die Kinder versuchen, die Welt vor der Übernahme durch die Dämonen zu retten.

Gedreht wird noch dieses Jahr auf dem Produktionsgelände der Kölner MMC-Studios. Die dazugehörige Kölner Produktionsfirma MMC Independant hat für dieses Projekt von der Filmstiftung NRW eine Förderung von 900.000 Euro erhalten.

Ein Filmstart steht noch nicht fest, soll aber im Jahr 2010 liegen.